Auch der Weg von El Salvador nach Guatemala sollte nicht ohne Anstrengung verlaufen: Um von unserem salvadorianischen Bergdorf zu unserem guatemalischen Bergdorf zu kommen (Distanz 150 Km), musste wir insgesamt 3 mal den Chicken-Bus wechseln. Dazu kam, dass wir kurz vor dem Ziel verpassten den Bus zu wechseln und geradewegs in die sehr gefährliche Hauptstadt Guatemala-City fuhren. Im Endeffekt erreichten wir dann Antigua am späten Abend.
Antigua
Wie bei dem Namen schon vermutet werden darf, ist Antigua für mittelamerikanische Verhältnisse sehr alt (von den Spaniern 1543 gegründet). Zudem war die Stadt für über 200 Jahre die Hauptstadt Mittelamerikas. Heutzutage kann man noch viele alte Kolonialgebäude, wie Paläste, Kirchen usw. aus dieser Blütezeit besichtigen. Darüberhinaus liegt in der Nähe der Vulkan Pacaya, einer der wenigen begehbaren und aktiven(!) Vulkane Mittelamerikas. Daher ist das Örtchen auch ein Pflichtbesuch für alle Backpacker in Guatemala. Dies führt leider auch dazu, dass viele Kriminelle aus der nahegelegenen Hauptstadt angezogen werden. Um die Sicherheit der eigenen Kunden zu gewährleisten, beschäftigt fast jedes bessere Geschäft einen Wachmann mit automatischer Waffe. So blickt man beim Betreten eines Ladens auch gern ersteinmal in die Mündung einer Maschinenpistole, bevor das eigentliche Shoppen anfängt. Am zweiten Tag haben wir dann den erwähnten Vulkan bestiegen. Beim 1,5 stündigen Aufstieg wurde unsere Gruppe von einer Horde von Reitern verfolgt. Alle priesen ihr "Taxi naturalis" an, um uns das Klettern abzunehmen. Auf dem Vulkan waren keine fließenden Lava-Ströme zu beobachten, aber immerhin ein kleines Loch in dem man Lava sah. Zudem wurde der Berg alle paar Minuten von einem Grollen "erschüttert", dass einem doch etwas Ehrfurcht einflößte. Ein weiteres "Hightlight" war dann das Marshmallow-Grillen über einigen heißen Stellen des Vulkans. Allgemein sind Sicherheitsvorkehrungen selbst bei solchen geführten Touren praktisch nicht vorhanden: Abgesperrte Wege gibt es nicht; man läuft/springt über heißes Lavagestein und aus den Zwischenräumen treten sehr heiße Dämpfe aus. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass kurz vor unserer Besichtigung erst wieder 2 Menschen am Vulkan gestorben sind.
San Pedro am Lake Atitlan
Am darauffolgenden Tag sind wir dann zum Lake Atitlan gefahren - ein riesiger See im Hochland Guatemalas. Die Fahrt dorthin war wirklich atemberaubend: grüne dichtbewachsene Berge, die mit zunehmender Entfernung in einem nebligen Blau verschwanden. Besonders beeindruckend waren die einzelnen Bäume, die auf den Bergkämmen die Landschaft in eine malenswerte Kulisse verwandelten. Auch die Leute hier sind faszinierend traditionell- Spanisch ist hier nur die zweite Sprache, in erster Linie wird Maja gesprochen. Diese Sprache klingt völlig fremd, jedoch nicht unangenehm. Ein weiteres Zeichen des traditonellen Bewusstseins hier ist das Tragen der ursprünglichen Kleidung – bunte Röcke und Blusen, die mit Silber- oder Goldfäden bestickt sind.
Lanquin
Am folgenden Tag fuhren wir vom Lake Atitlan zurück nach Antigua und von dort aus nach Lanquin. In Guatemala haben wir uns den Luxus gegönnt und sind vom Chicken-Bus zum Minivan umgestiegen – das ist nicht viel komfortabler, aber man hält zumindest nicht an jeder Straßenecke. Lanquin ist ein schönes Dörfchen in den guatemalischen Bergen. Unser Hostel war auf einem Hügel von dem man sowohl hinunter zum Fluss als auch in den Urwald gucken konnte. An sich war unsere Herberge sehr stylisch eingerichtet und befriedigte alle Backpacker-Bedürfnisse. Besonderes Highlight war die nach außen offene Dusche – beim Duschen blickte man also hinunter in den Urwald. Während Eva sich am ersten Tag entspannte, bin ich mit einer Gruppe vom Hostel zum Tuben im Fluss aufgebrochen. Tuben heißt in dem Fall mit einem großen Schlauch (vom LKW-Reifen) den Fluss 2 Stunden hinunter zu treiben. Die vorbeiziehende Dschungelkulisse genossen wir fürstlich mit mitgebrachtem guatemalischen Bier. Am Abend stand dann noch der Besuch einer Fledermausgrotte auf dem Plan. Erst wanderten wir in der Höhle umher, später wurden dann die Lichter in der Grotte erloschen und alle saßen in der Nähe des Ausgangs um hunderte von Fledermäusen in die anbrechende Nacht fliegen zu sehen. Dieses Schauspiel war ein wenig gruselig, da diese „Mäuse“ doch eigenartige Geräusche von sich gaben und auch ab und zu (wohl orientierungslos) mich streiften.
Semuc Champey
Am nächsten Morgen brachen wir dann mit einer Gruppe aus 3 anderen Deutschen und einer Kanadierin zu einem Tagesausflug nach Semuc Champey auf. Dorthin gelangten wir stehend auf der Ladefläche eines Pickups-Trucks – so konnte man während der Fahrt die unglaublich grüne und volle Vegetation genießen. Unsere erste Station war eine Höhle, welche kletternd, auf allen Vieren, vor allem aber schwimmend mit einer Kerze in der Hand erkundigt werden wollte. Hier konnte man Stalaktiten und Stalagmiten sehen – allerdings sahen sie nicht so beeindruckend aus, wie man sie aus mancher Alpenhöhle kennt. Dies liegt vor allem daran, dass sie nicht abgesperrt sind und somit jeder Touri sie anfasst oder sogar etwas abbricht. Der zweite Teil dieses Ausfluges sollte noch spannender werden: Denn unser eigentliches Ziel waren die türkisfarbenen natürlichen Wasserbecken, die durch einen strömenden Fluss von uns getrennt waren. Wir entschlossen uns den (für guatemalische Verhältnisse) völlig überteuerten Eintritt von 5 Euro zu sparen. Dazu musste wir den Strom mit Rucksäcken schwimmend überqueren. Ich stellte mich zur Verfügung den Fluss erst einmal ohne „Gepäck“ zu erkunden um zu gucken, ob die Strömung zu stark sei. (Weiter unten am Fluss badeten auch Kinder am Rand – Es war also kein unüberquerbares Hindernis). Ohne Sachen war es für jeden mittelmäßigen Schwimmer kein großes Problem. Im Endeffekt teilten wir das Gepäck so auf, dass wir 3 Jungs alle Sachen in unserem 3 Rucksäcken hatten und schwammen zum anderen Ufer. Die Rucksäcke durften dabei allerdings nicht nass werden, da sie Portemonnaies, Kameras usw. enthielten. Schlussendlich kamen wir mit mehr oder weniger feuchten Rucksäcken auf der anderen Seite an und waren völlig am Ende – aber glücklich es geschafft zu haben. Diese Freude währte bei mir jedoch nur kurz, da Eva mir vom Ausgangsufer bedeutete, dass ja noch der Rucksack der Kanadierin da sei. Ich hatte völlig vergessen, dass ich ihr ganz am Anfang anbot ihren Rucksack in einem zweiten Durchgang hinüber zubringen. Also schwamm ich rüber und versuchte den Spaß noch einmal an einer schmaleren Passage. Als ich dann das rettende Ufer wieder erreichte, brauchte ich mehr als eine Viertelstunde um mich von der Strapaze zu erholen und das alles um 5 Euro zu sparen :) Die Anstrengungen hatten sich letztendlich dann doch gelohnt. Wir badeten in türkisfarbenen Becken mit glasklarem Wasser.
Am Ende des Tages stellten wir zufällig fest, dass einer unserer Mitreisenden mit dem ehemaligen Mitbewohner aus der alten WG von Eva und mir befreundet ist. Darüber hinaus kennt er auch noch 2 Freunde vom Fußball von mir (Grüße an Walde und Leo von Fabian Thun). So klein ist die Welt...
Rio Dulce und Linvingston
Früh am nächsten Morgen brachen Eva und ich zum Rio Dulce auf. Dies war für mich die erste Station, die ich mir im Nachhinein wirklich gerne gespart hätte. Der Rio Dulce ist ein Fluss, der im karibischen Meer endet und an den Seiten von wildem Dschungel bewachsen ist. Daher unternahmen wir eine Bootsfahrt zum direkt an der Küste liegenden Ort Livingston. Der Ort war eine Ansammlung von Bruchbuden und Verkaufsständen und somit das Gegenteil von sehenswert. Im Lonely Planet haben wir jedoch von einer einheimischen Spezialität gelesen: Fisch- und Meeresfruchtsuppe mit Currygeschmack – dazu ein empfohlenes Restaurant. Als wir die Gaststätte erreichten, kam mir alles schon etwas keimig vor. Im Spaß sagte ich noch zu Eva, dass, wenn wir uns hier nichts holen, dann nirgends. Leider fing ich mir tatsächlich etwas ein. (Eva hatte dollen Durchfall, aber bei ihr weiß man ja nie woher es nun kommt) Ich durfte jedenfalls den kompletten Abend über der Kloschüssel verbringen und mich erbrechen, wie ich es in meinem Leben noch nie vorher getan hatte. Dieses Erlebnis und die Milliarden von Moskitos und anderen Insekten machten das Ganze zu einem unvergesslichen Erlebnis der negativen Art.
Flores und Tikal
Nach diesem Ausflug in die „grüne Hölle“ ging es am nächsten Tag nach Flores - einer schönen kleinen Stadt auf einer Landzunge im zweitgrößten See Guatemalas. (Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass sich auch noch während der Busfahrt mein Magen von Fischsuppe erleichterte – und das aus dem Busfenster, während der Fahrt und zur Freude der Einheimischen). Im Grunde ist die Stadt nur der Ausgangspunkt zu den Ruinen von Tikal. Dies sind wohl die schönsten Maja Ruinen der Welt. Unglaublich beeindruckende Tempel die bis zu 70 Meter aus dem Urwald ragen. Diese Kultstätte wurde um 700 vor Christi zu bauen begonnen und erstreckt sich über 50 km². Bis auf die Tempel an sich ist alles vom Urwald überwuchert. Man kann sich sehr gut vorstellen, welcher Anblick sich den Spaniern vor 400 Jahren geboten haben muss, als sie die Stätte wiederentdeckten. Auch die Tierwelt ließ keine Wünsche offen: neben exotischen Vögeln, die exotische Laute von sich gaben, gab es Brüllaffen und Ameisenbären. Während zweitgenannte Besucher gerne mit Fäkalien eindecken, sind letztere sehr zahm und lassen sich fast schon streicheln.
Nun verlassen wir Guatemala - das mit Abstand schönste Land bisher!