Mittwoch, 29. Dezember 2010

Olinda und Salvador da Bahia

So nun der letzte Reiseblogeintrag:

In Praia da Pipa hatten Eva und ich noch ein paar schöne Erlebnisse. Zum Beispiel meine persönlich schönste Wildlife-Erfahrung: Neben mir schoss ein mittelgroßer Fisch ca. 1m aus dem Wasser und wurde kurz vor dem Wiedereintauchen von einem Delfin gefressen - sehr beeindruckend! Am Heiligabend sind wir dann fürstlich Essen gegangen und haben den Abschied von unserem Schweizer gefeiert.

Olinda
Von Pipa ging es dann nach Olinda - die wirklich schönste Stadt der Brasiliens! Hier gibt es Kopfsteinpflaster, viele schöne renovierte Kolonialhäuschen und eine lebendige Kunstszene. Die Leute sitzen abends auf der Straße vor ihren Ateliers und genieße die warmen Temperaturen bis in die Nacht hinein. Olinda liegt auf einem Hügel und man sieht gleich gegenüber die Millionenstadt Recife mit einer beeindruckenden Skyline. Die Steigerung des brasilianischen Kitsches fand sich im Stadtpark. Um ein altes verfallenes Schlößchen herum standen überdimensionale Weihnachtsmärchenfiguren. Im Park selber war dann am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag ein großes Stadtfest mit viel Lärm und weiteren Kitsch zum Verkauf.

Salvador da Bahia
Letzte Station und definitiv eine sehr sehenswerte Stadt ist Salvador da Bahia. Nirgendswo sonst in Brasilien wird der afrikanische Einfluss so sehr gepflegt wie in Salvador. Auch hier gibt es viele Kolonialbauten, allerdings sind die meisten in einem eher baufälligem Zustand, was aber für eine sehr schöne Atmosphäre sorgt. Leider ist man lediglich im historischem Zentrum der Stadt, da der Rest einfach viel zu gefährlich ist. Dieses Gebiet wird von der Polizei bewacht, was nicht wirklich heißt, dass diese auch etwas tut, wenn mal etwas passiert. Am ersten Abend haben Eva und ich dann eine afrobrasilianische Tanzvorführung besucht. Neben Capoeira gab es noch viele weitere akrobatische Tanzstile, bei denen die Tänzer von Gottheiten in Besitz genommen wurden und dann springend und schreiend für den Gott sprachen. Am letzten Abend fand ein wildes Straßenfest statt auf dem sich spontan Leute zum Trommeln und Tanzen versammelten. Die Straßen waren sehr voll und von überall her kam Musik.

Leider waren auch extrem viele zwielichtige Gestalten unterwegs - meist Banden von 5-10 jungen Männern, die nur nach Geldbeuteln und Fotoapparaten suchten um sie zu rauben. Zweimal scheiterte der Versuch bei mir, da mein Portemonnaie am Gürtel angebunden war. Beim dritten Mal Griff mir ein großer Typ in die Hosentausche, zerrte den Geldbeutel raus und zog kräftig daran bis das Band riss - alles ging sehr schnell und bevor man reagieren konnte, war es schon geschehen. Der Typ hatte die Beute natürlich schon längst weitergegeben an seine Komplizen als ich ihn stellte. Im Endeffekt war alles halb so schlimm, da ich nur umgerechnet 4 Euro und meinen Personalausweis darin hatte. Und selbst danach auf dem Weg zurück zum Hostel spürte ich noch einmal fremde Hände in den nun leeren Hosentaschen. Das einzige Erlebnis dieser Art in fast 8 Monaten Brasilien.

In wenigen Stunden geht nun mein Flieger zurück nach Deutschland. Um Neujahr herum werde ich noch einmal einen abschließenden Blogeintrag schreiben und damit die Reise endgültig beenden.

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Frohes Weihnachtsfest!


An alle ein schönes erholsames und besinnliches Weihnachtsfest aus Praia da Pipa!

Dienstag, 21. Dezember 2010

der Nordosten

Sao Luis
Nach der anstrengenden Amazonasfahrt nach Belem ging es von dort aus mit dem Nachtbus gleich nach Sao Luis weiter. Laut Reiseführer sollte es eine wunderschöne Kolonialstadt mit den entsprechenden alten und verzierten Bauten sein. In der Realität gibt es zwar ein historisches Zentrum, aber mit den prächtigen Häusern vieler mittelamerikanischer Städte, wie z.B. Panama City oder Antigua in Guatemala kann Sao Luis definitiv nicht mithalten. Zu dem wohnen hier die unfreundlichsten Brasilianer, denen ich je begegnet bin. Schon im Amazonas habe ich bemerkt, dass die Einheimischen nicht mehr so herzlichen und freundlich sind wie in Südbrasilien. Dennoch änderte sich dies nach einem kurzen Plausche sehr schnell. Sao Luis dagegen ist aber definitiv eine Steigerung. Kaum jemand grüßt und lächelt auf der Straße - als Ausländer wird man sehr skeptisch betrachtet und die Hilfsbereitschaft im Hostel ging gegen Null.

Dennoch verbrachten wir hier einen weiteren Tag, um zur Insel Alcantara zu fahren. Diese Insel beherbergt sowohl weitere schöne kleine Kolonialbauten als auch das modernste Satelittenprogramm Lateinamerikas. Von letzterem haben wir leider nichts mitbekommen, ersteres war in Verbindung mit der 2stündigen Katamaranfahrt ein kleines Erlebnis.

Nationalpark Lencois
Früh am nächsten Morgen fuhren wir mit einem Minivan in den Nationalpark Lencois. Hier befindet sich die einzige Wüste Brasiliens, die zur Regenzeit mit tausenden kleinen Seen überzogen ist. Dabei ist das Wasser durch die Filterung des Sandes extrem klar. Angeblich ist es auch die weißeste Wüste der Welt. Leider ist momentan Trockenzeit und so nahmen wir an einer organisierten Jeeptour zur einzig verbliebenen Wasserstelle dieser Wüste tel. Die Reise dorthin dauerte 2h im Jeep - quer durch Gestrüpp und Sand - man wurde derart durchgeschüttelt, dass die Ankunft keine Sekunde zu früh kam. Auf der anschließenden Wanderung kamen wir an vielen vertrockneten Tümpeln vorbei, die in der Regenzeit 5m tief sein sollen. Die letzte Wasserstelle hatte ungefähr die Ausmaße eines großen Hallenbades und die sich darin anbietende Erfrischung nahmen wir dankbar an. In Deutschland wäre es wohl undenkbar, dass Besucher einfach in diesem einzig verbliebenen Schutzraum baden dürften - denn hier überdauern Schildkröten, Fische und Frosche die Trockenzeit und breiten sich danach wieder auf die anderen Wasserstellen aus.


Ein weiteres Highlight war unsere Unterbringung im Ort Barrahina im Nationalpark. Da alles etwas teuerer ist in Brasilien, schlafen wir oft in der Hängematte anstatt in einem Hotelbett. Diesmal konnten wir diese in einer Bauruine aufhängen und kamen mit Frühstück auf umgerechnet 3 Euro die Nacht - wirklich die spartanischste Unterkunft bisher.

Jericuacuaera
Am nächsten Tag machten wir uns auf in das "Backbacker-Mekka" Jericuacuaera. Eine Reise über 1,5 Tage auf der wir 5(!) mal das Fahrzeug wechseln mussten: Jeep, Van, Bus, Bus, Jeep. Im Vergleich mit Mittelamerika kommt mir der Nordosten Brasiliens noch unterentwickelter vor. Hier merkt man das Brasilien zum Teil noch ein Entwicklungsland ist. Keine Busverbindung ist aufeinander abgestimmt und niemand kann einem Auskunft erteilen - zu dem erzählen die Einheimischen lieber irgendetwas als zuzugeben, dass sie selbst keine Ahnung haben! Der angekündigte 2h Bustrip, dauerte dann eben mal 4h, wobei wir auf halber Strecke einfach an einem Restaurant (wahrscheinlich das des Cousins) abgesetzt wurden und dann 1h warten mussten bis das Fahrzeug aus der anderen Richtung uns abholte. Zu allem Überfluss wurden wir noch in den Streit über die Fahrpreisaufteilung für die Fahrer verwickelt.

Dennoch war gerade der letzte Teil der Fahrt mit dem Jeep von Camocim nach
Jericuacuaera ein Highlight dieser Reise. Zuerst wurden wir mit einer kleinen Fähre von der Stadt über einen Fluss bis zum Strand übergesetzt. Dann donnerte der Jepp direkt am Strand entlang mit ca. 80 km/h entlang. Immer wieder musste der Fahrer abbremsen, wenn er das Fahrzeug zu dich an die Wellen steuerte und wir drohten steckenzubleiben. Zwischendurch ging es vorbei an abgelegenen Ortschaften, durch bizarre ausgetrockente Wälder in denen das gesamte Wurzelwerk offenlang und über hohe Sanddünen zurück an den Strand. Eine weiteren Fluss überwanden wir mit Hilfe eines Floß, welches kaum größer war als der Jepp selbst - angetrieben wurde es durch Schiffer, die mit langen Stöcken sich am Flussgrund abstießen. Nach 3h wilder Fahrt erreichten wir Jericuacuaera.



Vor vielen Jahren war "Jerry" ein kleines Fischerdorf, das sich zu einem Backpacker-Geheimtipp entwickelte. Im Laufe der Zeit kamen auch immer mehr Brasilianer um die wunderschönen Sanddünen um das Städchen zu genießen. Heutzutage gibt es kaum mehr Backpacker, da der ganzen Ort extrem überteuert ist. Aus dem lean-back Ruheort ist ein brasilianischer Ballermann geworden. Zu diesen Umständen kam noch ein wolkenverhangener fast regnerischer Himmel, der extrem selten zu dieser Jahreszeit ist. Daraufhin beschlossen wir enttäuscht nur einen Tag in Jerry zu verbringen und am darauf folgenden nach Praia da Pipa aufzubrechen.

Am letzten Abend zeigte sich der Ort allerdings noch einmal von der prächtigsten Seite. Auf einer riesigen Düne versammelten sich am Abend viele Menschen um den Sonnenuntergang zu beobachten (der Himmel war inzwischen aufgerissen). Es folgte ein wunderschönes Naturspektakel und gerade als die Sonne auf halben Wege untergegangen war, offenbarte sich auf der gegenüber liegenden Seite ein prächtiger 180° Regenbogen in allen möglichen Farben. Die Leute wusste gar nicht, auf was sie zu erst ihre Objektive richten sollten - unvergesslich!


Praia da Pipa
Von Jerry ging es über dann Fortaleza und Natal (inklusive einer Übernachtung am Busbahnhof von Natal) nach Praia da Pipa. Dieses kleine Örtchen war wie Jerry auch einmal ein Backpacker-Treff. Inzwischen dominieren auch hier wohlhabende Brasilianer und es finden sich nur wenige bezahlbare Unterkünfte bzw. Restaurants. Nichtsdestotrotz ist dieser Ort ein absolutes MUSS! Denn hier - so versprach der Reiseführer- kann man vom Strand aus mit Delfinen schwimmen.

Am ersten Tag gingen wir zur besagten Delfinbucht, wo man die Tierchen wohl häufig antreffen kann. Auf den ersten Blick war außer einer handvoll Urlauber und ein paar kleineren Booten nichts zu sehen. Ich sprang vor lauter Vorfreude natürlich gleich ins Wasser, schwamm ein paar Züge und sah erst einmal nichts außer der offenen See. Doch plötzlich hörte ich hinter mir ein Zischen, drehte mich um und sah 2-3m hinter mir einen Delfin auftauchen - er guckte kurz und verschwand wieder. 1 min später ein Zischen vor mir - eine Gruppe aus 4 Delfinen dicht beieinander. Ich versuchte hinterher zu schwimmen aber das war doch ein recht sinnloses Unterfangen. Dieses Erlebnis ist jedoch keine Besonderheit, wenn man am Strand steht und auf das Meer guckt, sieht man quasi im Minutentakt Delfine zwischen den Badenen auftauchen und wieder verschwinden!


In Praia da Pipa haben Eva und ich uns ausnahmsweise ein schönes Hostel gegönnt und hier feiern wir auch Weihnachten...

Der nächste Blogeintrag wird dann von der letzten Station meiner Reise sein: Salvador da Bahia. Bis dahin wünsche ich allen ein frohes Weihnachtsfest!

Dienstag, 14. Dezember 2010

Amazonas

Nach nun fast 8 Tagen Amazonas-Aufenthalt habe ich wieder eine halbwegs vernünftige Internetverbindung zur Verfügung. Die Erlebnisse waren überwältigend, daher folgt ein längerer Beitrag:


Belem
In Belem verbrachte ich zunächst einen Tag allein und holte dann Eva mitten in der Nacht vom Flughafen ab. Am nächsten Tag erkundeten wir die alte Kolonialstadt. An sich könnte Belem sehr schön sein - die Stadt liegt in der Nähe der Mündung des Amazonas (Breite an der Stelle mehr als 1,5 km) und hat viele alte Kolonialbauten. Allerdings sind letztere Herberge für alle möglichen Kitsch- und Ramschläden geworden. Darüber hinaus ist die Stadt wesentlich dreckiger als Sao Paulo, hat übermässig viel Verkehr und einen stinkenden Hafen. An letzterem konnte wir allerdings die unterschiedlichsten Früchte, Nüsse, Fische und vieles Unbekanntes aus dem ganzen Amazonas bestaunen. In der Nacht ging es dann weiter nach Santarem - einer Stadt mitten im Regenwald, an der sich wie so häufig, der Amazonas mit einem anderen Fluss vereint.

Santarem
Santarem präsentierte sich am nächsten Morgen menschenleer, feucht und fast unerträglich heiss. Die Bewohner waren zu den Stränden hinausgefahren, die sich etwa 30km ab befinden. Denn wegen seiner Strände wird dieser Teil des Amazonas (bzw. seines Nebenflusses) auch die Karibik des Amazonas genannt. Die vorher angesprochene Vereinigung dieser beiden Flüsse ist recht ungewöhnlich, da der braune Amazonas und der dunkelblaue Rio Tapajós sich farblich nicht vermischen, sondern über ein paar Kilometer in ihren Farben nebeneinander herströmen. Am Nachmittag ging es dann auch für uns in Richtung Strand nach Alter do Chao.

Alter do Chao
In diesem kleinen verträumten Nestchen in dem es nur einheimische Urlauber, ein paar hängengebliebene Hippies und 2-3 andere Backpacker gibt, haben wir in einer sehr spartanischen Herberge eingecheckt. Im Endeffekt bestand diese nur aus 2 kleinen Unterständen (wo man in seiner Hängematte schlief), einer kleinen Küche und 2 Toiletten. Trotz oder gerade wegen dieser Einfachheit konnte man die Natur um so intensiver geniessen- z.B. in dem man früh am Morgen von allen möglichen Urwaldgeräuschen geweckt wurde: Affen, Geckos, diverse Vögel, unzählige Insekten, Blätterrauschen usw...
Der Ort liegt direkt an einer Lagune, die von weissem Sand umgeben ist. Leider war das Wasser in der Bucht so warm wie die Luft (35°C) und konnte daher nicht im geringsten zur Kühlung beitragen. Ausserdem musste man sich beim Hineingehen vor Rochen vorsehen, die eingebuddelt am Grund schlummern. Ein Stich dieses Tiers soll so schmerzvoll sein, dass es sich den sehr anschaulichen Beinamen "Du-wünscht-dir-du-wärst-tot-Fisch" eingebracht hat. Dies führte dazu, dass man beim Hineingehen ins Wasser recht witzige Bewegungen vollführte um mögliche Rochen zu verscheuchen. Ein Höhepunkt der Lagune war ein ca. 40meter hoher Hügel von dem wir einen 360°C Rundblickt hatten -so bemerkten wir das erste Mal, dass wir wirklich im Mitten des Urwald waren: bis zum Horizont nur grünes Dickicht, unterbrochen von den breiten Nebenflüssen des Amazonas. (Also das absolute Gegenteil von Sao Paulo, in dem es nur graues Hochhaus-Dickicht, dass von breiten Autoströmen unterbrochen wird, gibt). In Alter do Chao verbrachten wir zur Erholung dann 2 volle Tage, denn neben Strand und Ausblick hatte die Stadt auch noch leckeres einheimischen Essen zu bieten. Ausserdem lernten wir einen netten Schweizer (Lukas) kennen mit dem wir immernoch unterwegs sind.


Tropischer Regenwald
Am nächsten Tag ging es dann sehr früh mit einem Führer (Marivaldo), den wir über Lukas in Alter do Chao kennengelernt haben, in ein Naturreservat. Dieses erreichte wir nur über 2 verschiedene Omibusse in Verbindung mit einem kurzfristig gecharterten, quasi fahrunfähigen "Taxi". Hier wohnten wir bei der kleinen Familie von Marivaldo. Wie schon vorher im Hostel verbrachten wir die Nächte in einer Hängematte unter einem Unterstand aus Holz und Palmenblättern. Dieser befand sich neben zwei weiteren Unterständen für eine provisorische Küche und dem Trocknen von Sachen. Die Familie erzählte uns, dass bevor die Regierung ihnen ein kleines Häusschen gebaut hat, sie allein unter diesen einfachen Unterständen gewohnt hat. Der absolute Höhepunkt folgte am nächsten Tag: früh brachen wir zu einer Wanderung durch den dichten Primärwald (Wald, der durch menschliche Hand noch nie verändert worden ist) auf. Die gut 6 stündige Tour führte uns zu einem Baum, der einen so dicken Stamm und Wurzeln hat, dass man mehr als 13 Personen braucht um ihn zu umfassen. Des Weiteren sahen wir die frische Spur eines Jaguars und wunderschöne Schmetterlinge so gross wie beide Handflächen zusammengenommen. Auf der Rücktour kamen wir an einem kleinem Haus vorbei, bei dem sich die Einwohner um ein vom Baum gestürztes Faultier kümmerten. Das arme Tier klammerte sich ganz verängstigt an einen kleinen Ast mit seinen starken Krallen. Faultiere konnte man auch ansonsten in den Bäumen bestaunen, wo sie -selten und langsam- trotzdem aber artistisch von Baum zu Baum klettern. Unglaublich schön waren die Sonnenuntergänge im Dschungel. Am Fluss konnte man das prächtige Farbspiel tagtäglich beobachten auf das dann meist ein heftiges Gewitter mit Blitz und Stromausfall folgte. Die vorher befürchtete Mücken- und Insektenplage blieb uns glücklicherweise erspart, da der Dezember der letzte Monat der Trockenzeit ist und die Wasserstände (auch im Amazonas selbst) mehrere Meter unter normal sind. Nach 2 Tagen Urwald ging es dann zurück nach Santarem.



50h Flussfahrt
In Santarem angekommen organisierten wir uns Proviant für die gut 2tägige Flussfahrt von Santarem zurück nach Belem (Hinfahrt war ein 1,5h-Flug). Das Schiff war ein 3 stöckiger, zu den Seiten offener Amazonasdampfer - im untersten und mittleren Stockwerk hingen die Hängematten dicht an dicht gedrängt - im obersten waren die Kajütten, die Schiffskantine und das Deck. In dem völlig überladenen Hängematten-Urwald ging es darum einen Platz möglichst weitentfernt von den stinkenden Klos und nah an der frischen Zugluft zu ergattern. Im Endeffekt schlief man in Tuchfühlung mit seinem Nebenmann, wobei das eigene Gepäck unter der Hängematte und nasse Handtücher darüber hingen. Eine weitere überlebensregel war das Kombüsenessen auf Grund mangelnder Hygene möglichst zu meiden. Dies gelang mir am ersten Abend nicht, was gleich zu Durchfall führte. Grundsätzlich verfolgten Lukas und ich die Strategie das Einschlafen durch den Verzehr alkoholischer Getränke zu erleichtern - klappte perfekt. Die tapfere Eva schaffte es allerdings auch ohne diese Schummelei. Ansonsten verbrachte man den Tag über an Deck und genoss das Vorbeiziehen des immergrünen Regenwaldes. Ausserdem lernten wir noch einige andere Backpacker kennen (unter anderem 13 sehr nette niederländische Feuerwehrmänner, die alle wie Bodybuilder aussahen). Eine Besonderheit des Schiffes war eine Dusche direkt oben auf den Deck. Dies führte dazu, dass man erstens nicht bei den stinkenden Klos duschen musste und zweitens, dass man sich während des heissen Tages immer abkühlen konnte und drittens, dass man während des Duschens eine wunderbare Aussicht auf den Amazonas und seine Sonnenuntergänge hatte. Am zweiten Tag der Flussfahrt ereignete sich dann etwas völlig unerwartetes: immer wieder versuchten Einheimische mit Holzkanus unseren Dampfer zu entern. Aufreiht über mehrere hundert Meter hinweg paddelten sie an die Seiten des Schiffes und probierten mit eines Eisenhaken sich an das Boot anzukoppeln. Das ganze wirkte am Anfang wie ein feindliches todesmutiges Unterfangen, war aber im Endeffekt nur der Versuch sebstgemachten Acai (traditioneller Urwaldsaft), Mais oder Schrimps an die Passagiere zu verkaufen. Andere Boote paddelten nur in die Nähe des Schiffes (meistens Kinder) um eine sehr eigentümliche Geste vorzuführen. Mitreisende Einheimische erklärten uns, dass sie lediglich um Anziehsachen baten -und tatsächlich warfen viele ihre Klamotten eingepackt in Plastikbeutel zu den Eingeborenen herunter. Am Abend bekam das Schiff auf (gleiche Weise wie die Verkäufer zuvor) Besuch von 2 Kanus voll mit Kindern und Jugendlichen. Diese enterten dann das "Vergnügungs-"Deck auf dem laut Musik gespielt wurde. Hier rauchten, tranken und tanzten die 6- bis 16jährigen ungefähr 2 Stunden bevor sie mit ihren Kanus wieder in der Dunkelheit des Amazonas verschwanden. Wie und ob sie wieder zu ihrem Dorf zurückkamen oder wer diese eigenartigen Gestalten überhaupt waren - blieb uns völlig verduzten Backpackern absolut schleierhaft.

Am dritten Tag dieser ereignisreichen Reise erreichten wir dann gegen Nachmittag den Hafen von Belem, von wo wir am gleichen Abend noch Richtung Sao Luis das Gebiet des Amazonas verliessen.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Abschiedsfeier und Foz de Iguacu

Nun folgt, wie angekündigt, der erste Blogeintrag nach der Abreise von Sao Paulo!

Im Endeffekt muss ich doch zu geben, dass ich Sao Paulo - oder besser gesagt - die dort neugewonnen Freunde vermisse. Nach mehr als 6 Monaten hat man sich erst richtig eingelebt, einen Freundeskreis aufgebaut und kennt natürlich auch die tollen Ecken der Stadt. An meinem letzten Abend haben 2 Freunde aus der AHK von mir ihren Geburtstag in deren Haus gefeiert. Das ganze war eine Kombination aus deutscher WG-Party und brasilianischem Churrassco (Grillabend). Wir waren ungefähr 30 Leute - mehr oder weniger 10 Deutsche und 20 Brasilianer. Es ging bis zum nächsten Morgen und war eine tolle Möglichkeit noch einmal allen tollen Leuten Lebewohl zu sagen.

Am darauf folgenden Tag bin ich dann nach Foz de Iguacu gefahren. Hier gibt es (wie der Stadtnahme schon sagt) Die Wasserfälle von Iguacu - ein unglaubliches Naturschauspiel, dass man sein lebenlang nicht vergisst. Es stürzen gleichzeitig so gewaltige Wassermassen 80m in die Tiefe - sprachlos:





Und hier nochmal ein Video zur besseren Nachvollziehen:








Das Ganze kann man sowohl von der brasilianischen als auch von der argentinischen Seite bewundern, da der Fluss gleichzeitig die Grenze der Länder bildet. Letztere ist etwas schöner, daher hab ich mich entschlossen, 2 Tage in Argentinien zu verbringen. Eva konnte mir auch ein tolles Hostel empfehlen, da sie auf den Tag genau vor einem Jahr auch die argentinische Seite besucht hat. Nach dem beeindruckendem Tag an den Wasserfällen, den ich mit einer Gruppe Iren verbracht habe, folgte dann eine Partynacht am und im Hostelpool, die erst richtig von ebenfalls im Hostel wohnenden Argentinierinnen tanzend entfacht wurde!

Nach diesen 2 wirklich tollen Tagen Argentinien habe ich mir heute in Itaipu Staudamm angeguckt. Dieser gehört sowohl zu Brasilien wie auch zu Paraguay und ist der zweitgrößte Staudamm (nach dem 3 Schluchtendamm in China). Er produziert so viel Energie wie 14 Atomkraftwerke und kann damit 90% der paraguayanischen und 20% des brasilianischen Energiebedarfs decken. Ein wirklich sehr beeindruckendes Bauwerk, was aber natürlich auch stark in die Natur vor Ort eingegriffen hat. Nervend sind in diesem Zusammenhang die Propaganda-Maßnahmen der Betreiber. Man kann den Staudamm nur in einer kostenpflichtigen Tour besuchen und muss sich im Vorfeld ein 20minütiges Werbevideo angucken, in dem der Einheitstenor ist, wie toll das ganze Projekt sei und das es überhaupt gar keine negativen Auswirkung auf irgendetwas und ganz besonders nicht auf die Natur hat!

Morgen werde ich nach Belem fliegen, wo ich übermorgen Eva treffe. Am darauffolgenden Tag geht es dann weiter nach Santarem, eine Insel mitten im Amazonas!

Bis dahin, Malte

Mittwoch, 17. November 2010

Rio de Janeiro II und Abschied von Sao Paulo

Nun neigt sich auch der vorletzte Abschnitt meiner Reise dem Ende entgegen. Vor mir liegt nur noch eine Arbeitswoche und dann wird der Rest Brasiliens erkundet! Zurückblickend ist die Zeit hier in Sao Paulo wirklich schnell vergangen - bei über 40 Arbeitsstunde pro Woche, hat man halt nicht viel Freizeit. Dafür habe ich die Wochenenden gut genutzt, z.B. vor 2 Wochen erneut in:

Rio de Janeiro
Nach dem der letzte Ausflug in die "cidade maravilhosa" (wunderbare Stadt) doch sehr ernüchternd war, ist mir beim zweiten Mal doch klar geworden, warum so viele Menschen diese Stadt lieben. Diesmal hatten meine 4 AHK-Kollegen und ich überwiegend sehr gutes Wetter. Das nutzten wir gleich am ersten Tag um den Corcovado (die Erlöserstatue) zu besichtigen. Dazu muss man wissen, dass Rio von bis zu 700m hohen Bergen umgeben ist, die sich bis an die Stadtgrenzen drängen (wobei sich wohl eher die Stadtgrenzen an die Berge drängen...). Diese Erhebungen sind grünbewachsen und ziemlich steil. Den Ausblick kannte ich zwar schon von Bildern, aber wenn man sich tatsächlich auf diesen Hängen befindet, ist es als wenn man von einer Wolke runter auf die Stadt blickt. Man sieht das Meer, die weltberühmten (aber nicht schönen) Strände Copacabana und Ipanema sowie Favelas und den aus Meer ragenden Pao de Acucar (siehe Bild).










Den Rest des Tages verbrachten wir an eben diesen nicht schönen, dafür aber sehr lebendigen, Stadtstränden. Der wirkliche Knaller ist allerdings das Nachtleben. Im Stadtteil Lapa werden ganze Straßenzüge gesperrt: eine Bar bzw. Club reiht sich an die nächste, überall ist Musik und die Menschen trinken und tanzen auf der Straße. Entsprechend ausgiebig wurden die Nächte ausgekostet und kein Tag begann vor 12 Uhr mittags. Trotz des strapaziösen Abendprogramms haben wir die Altstadt (halbwegs schöne Kolonialbauten) und ein Künstler- und Kneipenviertel besichtigt. Letzteres erinnerte mich mit den vielen schicken szenigen und innovativen Bars und Restaurants doch sehr an meine Heimatstadt - bisher habe ich sowas wirklich nur in Berlin und San Francisco gesehen (und in Brasilien nicht vermutet). Am Ende sind wir nach 3 Tagen Rio schwerenherzens wieder zurück nach Sao Paulo gefahren. Ich glaube, dass Rio de Janeiro wirklich zu den Städten gehört, die man (mindestens) einmal im Leben besucht haben muss!



Praktikum
Die vergangenen 2 Wochen waren arbeitstechnisch sehr ereignisreich. Denn es standen 2 von unserer Abteilung organisierte Delegationsreisen auf dem Plan. Eine normale Delegationsreise gliedert sich für gewöhnlich in eine politische und eine wirtschaftliche Seite. Für letztere waren wir verantwortlich, was konkret eine in etwa 16stündige minutiös durchgeplante Betreuung pro Tag beinhaltete. Der Kern des Aufenthalts stellte die sogenannte Kooperationsbörse dar. Das Ganze kann man sich wie eine Blind-Date Verabredung vorstellen. Auf Grundlage der Informationen des deutschen Unternehmens suchen wir potentiell passende brasilianische Partner. In einem Konferenzsaal sitzt dann an jedem Tisch ein deutscher Unternehmer und unterhält sich eine Stunde mit dem brasilianischen Geschäftsführer danach ist der nächste dran - das geht ungefähr 5-6h. Neben der Betreuung bei der Kooperationsbörse und bei Messebesuchen war das Highlight der abendliche Empfang vom deutschen Konsulat in einem Reiterclub. Hier wurden mehr oder minder wichtige Reden gehalten, Kooperationen unterschrieben und vorallem viel getrunken. Im Endeffekt war ich überrascht, wie gut man in einer solchen (für meinen Geschmack) doch relativ gezwungenen Umgebung Gespräche führen konnte. Natürlich gibt es bei solchen Veranstaltungen viele Leute, die sich selbst vorallem gern reden hören aber solange sie interessante Sache zu erzählen haben, ist das erträglich. Nichtsdestotrotz war ich glücklich als meine Pflicht bei der Verabschiedung am Flughafen endete und 12h Schlaf folgten...



In der verbleibenden Zeit wird die Anzahl der Blogeinträge wieder deutlich steigen, z.B. wenn ich die Igacu-Wasserfälle an der brasilianisch-argentienischen Seite übernächste Woche besuche!

Bis dahin alles Gute aus dem immer wärmeren Brasilien!

Montag, 18. Oktober 2010

mit dem Adler auf der Brust und ein Jubiläum

Nun doch in umgekehrter Reihenfolge:

Es gab ein Jubiläum zu feiern: Am 15.10.2009 ging mein Flieger von Berlin nach Vancouver - heute, mehr als 365 Tage später, bin ich in Sao Paulo, Brasilien. Auf dem Weg hierhin bereiste ich Kanada, USA, Mexiko, Belize, Guatemala, El Salvador, Honduras, Niceragua, Costa Rica, Panama und nun Brasilien. Zurückblickend kam es mir wirklich nicht vor wie ein ganzes Jahr, eher wie ein halbes. Nichtsdestotrotz habe ich noch (hoffentlich) aufregende und schöne 2,5 Monate vor mir bis es Ende Dezember zurück in die schönste Stadt der Welt -Berlin- geht. Ja, es ist eine gewisse Vorfreunde aus diesen Worten zu lesen und trotzdem werde ich die verbleibende Zeit noch genießen. Am Jubiläumstag selbst habe ich zunächst gearbeitet und bin dann mit einer Kollegin zur Biennale, der bedeutesten modernen Kunstausstellung Brasiliens, gegangen. Einige Werke waren so fazinierend, dass ich wohl noch einmal mit der Kamera hingehe und ein paar Impressionen hier poste! Nach dem kulturellen Teil haben wir uns noch mit weiteren Arbeitskollegen getroffen und bis in die Nacht bei brasilianischen Bier (Name: Serra Malte - Gebirgsmalz oder Bergmalz) gequatscht.


Blumenau und Pommerode


Ein Wochenende zuvor war ich auf dem zweitgrößtem Oktoberfest der Welt in Blumenau (nach dem Original in München). Blumenau ist, wie der ganze Süden Brasiliens, sehr europäisch geprägt. Das bedeutet in erster Linie, dass dort die meisten Nachfahren der immigrierten Europäer leben aber auch, dass die Infrastruktur sehr gut ausgebaut ist, es kaum Verschmutzung und Kriminalität gibt und allgemein der Lebensstandart hoch ist (Blumenau soll sogar den höchsten Lebensstandart von ganz Brasilien haben). Blumenau und speziell Pommerode (das Nachbardorf) nehmen hierbei eine besondere Stellung ein, da sich dort die aus Deutschland Eingewanderten konzentrieren. Darauf sind die Bewohner heute noch sehr stolz und pflegen ihre "deutschen Traditionen". D.h. Fachwerkhäuser (zumindest die Fassade), Essen (Apfelstrudel, Schweinshaxe, usw.) und sogar die deutsche Sprache. Letzteres habe ich ganz dreist getestet, als ich beim Bäcker auf Deutsch bestellt habe und bei der Tankstelle nach dem Weg fragte. Zunächst sind die Leute etwas verwundert, dann erfreut und schließlich erzählen sie in einem Misch-Masch aus deutsch mit witzgem Akzent und ein paar portugiesischen Wörtern.

Das Oktoberfest am Abend übertraf die Stadtrundfahrt am Vormittag aber bei Weitem. Aber zunächst noch den historischen Hintergrund des Oktoberfests in Blumenau. Die Stadt wurde 1984 von heftigen Erdrutschen stark zerstört und lag zum Teil 2m tief verschüttet. Die deutsche Regierung hat damals großen Anteil daran gehabt, dass die Stadt wieder aufgebaut wurde. Danach wurde beschlossen, das deutsche Oktoberfest auch in Blumenau einzuführen. Mittlerweile ist es das zweitgrößte Volksfest Brasiliens gleich nach dem Karneval in Rio de Janeiro. Wenn man dann am Abend auf dem Festgelände ist, traut man seinen Augen nicht: tausende Brasilianer (also zu 90% keines europäischen Ursprungs) tragen Deutschland-Fanartikel. Es ist ein regelrechtes Wettrüsten, wer am meisten die schwarz-rot-goldene Flaggen am Köper trägt bzw. mehr Bundesadler auf der Brust hat. Neben neumodischen Utensilien, wie dem DFB-Trikot, Deutschland-Shirts usw. gibt es auch sehr viele Dirndel-Trägerinnen und andere typische Oktoberfestkleidung. Zwar gibt es kein schönes echtes deutsches Bier (nur brasilianischer Bier nach dt. Reinheitsgebot - was ungefähr so gut ist, wie Caipirinha mit Wurstwassergeschmack), aber dafür werden die echten Oktoberfestmusiker nach Brasilien eingeflogen. Und wer möchte nicht die rhythmusbegabten feurigen Brasilianer nach guter deutscher Blasmusik tanzen sehen? Bei diesem Fest sind wirklich zwei absolut unterschiedliche (ja, fast gegensätzliche) Kulturen aufeinander gestoßen und das Resultat war ein total irres Fest.

Eine andere schöne Tatsache an der Blumenau-Tour war das Treffen mit Hannes und Annika. Beides sind Freunde aus Berlin: Hannes studiert für ein Semester in Blumenau und Annika macht Praktikum im Nachbarland Argentinien. Nach dem Treffen mit Eva in Mittelamerika und mit Jonathan in Sao Paulo war dies das dritte Mal, dass ich jemand aus der Heimat am anderen Ende der Welt wieder getroffen habe - und es ist jedesmal ein komisches aber tolles Erlebnis. An dieser Stelle nochmal tausend Dank für die Unterkunft usw.






Florianópolis
Am Tag nach dem Oktoberfest haben wir uns kurzfristig entschlossen für einen Tag nach Florianópolis (Stadt der Blumen) zu fahren. Die Stadt liegt auf einer Insel und ist mit über 40 Stränden, Sanddünen und einer wunderbaren umliegenden Vegetation gesegnet. Viel gibt es von diesem Kurztrip nicht zu erzählen, außer evt. das ich mir den Sonnenbrand meines Lebens geholt habe und mir nun die Haut vom Bauch abziehen kann, wie eine Schlange beim Häuten. Außerdem haben alle Brasilianer mit mir spanisch geredet, obwohl ich jedes Gespräch in portugiesisch begonnen habe. Zum Teil musste ich sogar eindringlich darum bitten, dass man doch bitte mit mir portugiesisch spreche. Der Grund dafür ist, dass in Argentinien Ferien waren und Floripa ein sehr beliebtes Ausflugsziel unter den Gauchos ist. Also wurde ich für ein Argentinier gehalten und die überhöflichen Brasilianer sprechen mit denen natürlich spanisch (auch wenn man sie auf portugiesisch anredet). Wenn ich mein Praktikum Ende Noveber abgeschlossen habe, werde ich noch einmal in diese Stadt zurückkehren und dann etwas mehr berichten können.

Bis dahin alles Gute aus dem verrücktem:



Donnerstag, 9. September 2010

von der schönen Insel, Geld, Bildung und Politik

Ilhabela (schöne Insel)

Vor zwei Wochen habe ich meinen allmonatlichen Ausflug gemacht. Diesmal ging es mit 4 Freunden von der AHK zur Ilhabela - eine langezogene und von Regenwald überwucherte Insel mit über 360 Wasserfällen und schönen Stränden. Leider bestätigte sich der Wetterbericht und so hatten wir nur am ersten Tag schönes Wetter, das wir auch nutzten um am Strand zu entspannen und zu kleinen Inseln zu schwimmen, die in der Nähe des Strandes lagen. An den darauf folgendem Tag wanderten wir entlang eines Flusses durch den dichten Urwald und entdeckten kleine Wasserfälle und natürliche Rutschen. Diese Rutschen muss man sich so vorstellen, dass der Fluss eine massive Steinplatte, durch sein führendes Wasser, glatt geschliffen hat. An den abschüssigen Stellen kann man dann bis ins nächste Wasserbecken hinunter rutschen - blaue Flecke mit inbegriffen. Der Abschluss der Reise (und gleichzeitig der Höhepunkt) war eine Fahrradtour zur anderen Seite der Insel. Die Insel wird in der Mitte von einer schmalen Gebirgskette durchzogen, die für diese kleine Insel auf beachtliche 1300m anwächst. Wir mussten bei unserer Überquerung somit 700 Höhenmeter auf einer Strecke von 10km von der Küste bis zur Bergspitze zurücklegen - mit anderen Worten: es war extrem steil und dadurch sehr Kräfte raubend. Je höher wir kamen, desto mehr nahm der Nebel zu, der Regen wurde stärker und die Temperatur fiel ab. Nach 2,5h stetig bergauf erreichten wir völlig erschöpft den Gipfel und wollten auf der anderen Seite dann (genauso steil) wieder bergab fahren. Jedoch merkten wir nach 15min, dass die Bremsen immer loser wurden und meine Bremsbacken sich sogar auflösten. Die Vermieterin der Fahrräder hatte uns darauf hingewiesen, dass die Räder nicht für die Berge ausreichend sind, was wir aber großzügig ignoriert hatten. So kam es, dass wir kurz nach dem Gipfel bereits umdrehen mussten und wieder zurückfuhren. Der Weg hatte sich inzwischen durch den Regen in einen kleinen Bach beziehungsweise in eine Matschrutsche (gespickt mit scharfkantigen Steinen) verwandelt. Nichtsdestotrotz kamen wir alle gesund und völlig kaputt in unserem kleinen Dorf an und gerade durch diese widrigen Umstände war es eine wunderbare Drecksschlacht!




Um den Lesern dieses Blogs einen besseren Eindruck von diesem Land zu verschaffen, habe ich mir vorgenommen, neben meinen persönlichen Erlebnissen (oder verknüpft mit diesen) auch ein bisschen auf die politischen und wirtschaftlichen Umstände einzugehen:

Geld in Sao Paulo
Neben der bloßen Größe der Stadt Sao Paulo (größte Stadt der Südhalbkugel) ist auch die Wirtschaftleistung von Sao Paulo beeindruckend, denn die Stadt ist DIE Wirtschaftsmetropole in Lateinamerika - dementsprechend gibt es viele wirklich wirklich Reiche hier. Diesen vielen Reichen stehen aber verhältnissmäßig noch viel mehr wirklich wirklich Arme gegenüber - eine Mittelschicht, wie wir sie in Deutschland haben, ist fast nicht vorhanden.

Ein bedeutender Teil der Reichen haben deutsche Vorfahren und so kommt es auch, dass die besten Schulen von Sao Paulo (also auch des ganzen Landes) deutsche Privatschulen sind (dazu mehr im Teil Bildung). Die brasilianischen Mitpraktikanten gehören ausnahmslos zu der reichen Oberschicht an. Sie bekommen fast keine Bezahlung für ihr Praktikum, was eigentlich auch egal ist, da es mehr um den Namen der Deutschen Auslandshandelskammer im Lebenslauf geht als um etwas anderes. Einige müssten ohnehin in ihrem Leben nicht arbeiten, da die Eltern bereits genug Geld für sich, die Kinder und die Kindeskinder verdient haben. Wie fremd diese Welt ist, bemerke ich, wenn sie erzählen, dass ihre Eltern (im Vorstand von internationalen Unternehmen) Anti-Kidnapping-Trainings bekommen (brauchten meine Eltern bisher noch nicht - zum Glück). Oder wusstet ihr, dass man die Rücklichter von einem Auto liegend aus dem Kofferraum heraus kaputttreten kann um die Polizei auf sich aufmerksam zu machen? Darüber hinaus wird man ungläubig angesehen, wenn man einen Monatsverdienst von umgerechnet 10.000 Euro für ein "ordentliches" Gehalt hält :) Im Endeffekt ist es auch eine ganz interessante Sache, da man einen Einblick in eine total andere Welt erhält. Allerdings beschränkt es auch die gemeinsame Freizeit. Da die Eltern (den 23 jährigen!) oft verbieten mit dem normalen Bus zu fahren oder sich abends auf ein Bier zu treffen (beides zu gefährlich). Falls dann doch mal "Freigang" erteilt wird, unterscheiden sich die Preisvorstellungen bei der Abendplanung soweit, dass wir armen Deutschen dann doch zwangsweise etwas anderes machen müssen.

Zu dem ist diese reiche Schicht oft auch eine geschlossene Schicht, die in eingezäunten, ummauerten und überwachten Wohnvierteln wohnt. Man schottet sich ab und verteidigt seinen Status wo es geht, dadurch kommen auch Eintrittspreise in Clubs von über 100 Euro (keine Ausnahme) zustande - da bleibe ich gern abends zuhaus. Außerdem ist Schein hier immer wichtiger als Sein: Jeder halbwegs gutverdienende Brasilianer kauft sich zu erst ein dickes Auto (kostet das 2,5 fache des Preises in Deutschland) und viel später kommt dann z.B. die eigene Wohnung - letzteres sieht ja nicht jeder gleich. Viele Wohnungen, die ich bisher gesehen habe, sehen im Vergleich zu unseren daheim wirklich lieblos aus. Dennoch kann man diese Statussicherung den Leuten kaum vorwerfen. Täglich sieht man Leute, die auf der Straße einfach herumliegen - hunderte von Obdachlosen und Bettlern. Das dorthin niemand zurück will, ist verständlich. Eine soziale Absicherund gibt es in diesem Land (noch) nicht.

Bildung
Wie oben schon erwähnt, sind die besten Schulen des Landes 4 deutschsprachige Privatschulen (1 Schweizer und 3 Deutsche). Die Eltern zahlen mehr als tausend Euro(!) im Monat um ihren Kindern die beste Ausbildung zu ermöglichen. Deutsche Lehrer unterrichten an diesen Schulen und sogar die deutschen Abiturprüfungen werden absolviert und in Deutschland korrigiert. In normalen staatlichen Schulen ist die Ausbildung wohl katastrophal. Der englisch Unterricht besteht in einigen Fällen daraus in einem Text Wörter zu unterstreichen, die man kennt - ein Unterfangen, das bei den meisten nicht sehr lange dauert. Paradoxerweise dreht sich der Trend bei den Universitäten genau um. Hier sind die staatlichen Unis die besten und die privaten Unis die schlechten - das obwohl die staatlichen kostenlos sind. Erklären tut sich das Ganze durch die Aufnahmetest an den Unis. Nicht die Abschlussnote des Abiturs ist entscheidend, sondern die Punktzahl im Aufnahmetest. Die Kinder von staatlichen Schulen haben hier kaum eine Chance, da ihre Vorbildung so schlecht ist. Dementsprechend müssen sie nach ihrem Schulabschluss erst 2-3 Jahren arbeiten, um sich die Hochschule finanzieren zu können. Sie könnten allerdings auch die Vorbereitungskurse an den staatlichen Universitäten besuchen, allerdings kosten diese wiederum so viel, dass man auch gleich auf eine private Hochschule gehen kann. An dieser Stelle ist ersichtlich, wie unpopulär staatliche Investitionen in Bildung sind - denn das Resultat zeigt sich ja erst weit nach den nächsten Legislaturperiode.

Dennoch haben es auch unsere brasilianischen Praktikanten nicht leicht. Ihr Tagesablauf beinhaltet 8h Arbeit von 8-16Uhr und anschließend Universität (die findet immer abends statt) meist von 18-22 oder 23 Uhr. Dementsprechend ist hier kaum jemand vor 24 Uhr im Bett - nach einem 16h Tag. Wenn ich das mit meinem Studentenleben vergleiche, ist das doch eine ganz andere Liga...

Nun das letzte Thema: Präsidentschaftswahlen
Im Oktober wird hier ein neuer Präsident gewählt. Ein tolles Ereignis muss das doch sein bei einer Wahlbeteiligung von über 95% - so könnte man meinen. Jedoch ist es keines Falls so, dass Brasilianer politikbegeistert sind - das Gegenteil ist der Fall. Bei der Wahl hat man keine Wahl sondern die Pflicht zu wählen, andernfalls muss man Strafe zahlen. Eine weitere Maßnahme ist die Gleichschaltung aller Fernseh- und Radiosender - zu einer bestimmten Zeit werden alle Sendungen unterbrochen und es wird Wahlwerbung bzw. Politshows gezeigt. Auch so kann man das Volk zum Glück zwingen...

Das wars erst einmal wieder aus Brasilien. Selbst wenn sich dieser Eintrag überwiegend negativ liest, so finde ich es wichtig, sich auch kritisch mit dem Land in dem man vorübergehend lebt auseinanderzusetzen. Nichtsdestotrotz bleibt es ein unglaublich aufregendes, spannendes und vor allem sehenswertes Land!

Montag, 30. August 2010

Das Hinterland und Rio de Janeiro

Nach nun mehr als einen Monat komme ich doch mal wieder zur Aktualisierung des Blogs und es gibt wie immer viel zu berichten. Zu nächst jedoch erst einmal vielen Dank für die zahlreichen Geburtstagsglückwünsche! In solchen Momenten bekommt man dann doch ein bisschen Heimweh und wünscht sich seine Liebsten zu sehen - aber zum Glück hat man ja nicht jeden Tag Geburtstag ;) Nun der Reihe nach:

Vor ungefähr 3 Wochen habe ich zum ersten Mal einen Ausflug ins Innenland von Brasilien unternommen. Die Bewohnerin meines Nachbarappartments hat mich spontan eingeladen ihre Familie mitzubesuchen. Ein Ausflug der sich wirklich gelohnt hat, da es mein Bild von Brasilien doch etwas verändert hat. Wenn man in Sao Paulo lebt, bekommt man den Eindruck, dass Brasilien ein mehr oder weniger armer Industriestaat ist. Fährt man jedoch hinaus ins unterentwickelte Innenland, kommt man sich wie in der Drittenwelt vor. Die Familie, die ich besuchte, lebt in einem kleinen 8000 Einwohner-Dorf im Bundesstaat Minas Gerais. Der Name kommt von den Gold-, Diamanten- und Eisenerz-Minen, diese Landschaften einst sehr begehrenswert machte. Dieser Häuser hier bestehen aus Holz und Lehm. Wenn nachts die Temperatur auf 5°C sinkt (es ist Winter), dann ist das zugleich auch die Zimmertemperatur. Internet gibt es im Umkreis von hundert Kilometer nicht und Handynetze stehen auch keine zur Verfügung. Supermärkte sind relativ weit entfernt, so dass man das meiste Essen von benachbarten Bauernhöfen kauft. Trotz oder gerade wegen dieser Umstände sind die Leute sehr offenherzig und neugierig. Die meisten haben nie in einer anderen Stadt gelebt oder sogar nie ihren Bundesstaat verlassen. Wenn man nur wenige Mal im Jahr hierher kommt, ist es üblich jeden Verwandten und jedem Freund einen Besuch abzustatten. Bei jedem dieser (9!) Besuche (innerhalb von 2 Tagen) war ich mit dabei und konnte so vom 2jährigen Patenkind bis zur 85jährigen Großmutter jeden kennenlernen. Kein Haus konnte verlassen werden, bevor man nicht eine Kleinigkeit gegessen oder ein Bier bzw. Kaffee getrunken hatte. Auf dem Dorffest am Freitag und dem nächst größeren Dorffest im Nachbarort am Samstag war ich leider der einzige Gringo, was dementsprechend für unangenehm viel Aufmerksamkeit gesorgt hat. Man braucht sich darauf auch nichts einzubilden, da man ohnehin nur auf die blonden Haare und blauen Augen reduziert wird. Sonntag stand dann der letzte Besuch bei den Großeltern auf dem Programm. Diese besitzen einen großen Bauernhof mit Kaffee- und Obstplantage, Hühnern, Pferden, Rindern usw. Zu Mittag aß man im großen Gemeinschaftsraum mit den Kindern, fernen Verwandten, 4 Landarbeitern und 2 Hunden. Danach bekam ich noch erklärt und gezeigt, wie der Kaffee hier traditionell hergestellt und verarbeitet wird. Sprachlich erwies sich der Ausflug als unerwartet große Hürde. Der Akzent ist so unglaublich unterschiedlich zu Sao Paulo, dass ich so gut wie nichts verstanden hab. Dadurch entstand die komische Situation, dass ich mit meiner Nachbarin portugiesisch gesprochen hab(kann fast kein englisch) und sie meine Worte in deren portugiesisch wiedergegeben hat. Umkehrt hat es genauso funktioniert: es wurde mit ihr portugiesisch gesprochen und sie hat es für mich in "hochportugiesisch" übersetzt. Zum Teil lag es am Akzent und zum anderen Teil auch daran, dass die älteren Leute sich einfach nicht vorstellen konnten, was ich meinte, wenn ich nicht den für sie gewohnten Satzbau oder die absolut richtige Wortwahl benutzt hat. Nichtsdestotrotz war der Ausflug ein unglaublicher
Erkenntnisgewinn!


Meinen Geburtstag habe ich dann in Rio de Janeiro verbracht - es ist zwar sehr klischeehaft, aber ich musste einfach an diesem Tag an der Copacabana sitzen und einen frischen Caipirinha am Strand trinken. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so richtig etwas mit dieser Stadt anzufangen. Auf der einen Seite ist sie die weltbekannte Traumstadt mit schönen Stränden in mitten dichtbewachsener Berge. Sie wirkt trotz der 11Mio. Einwohner sehr lässig und entspant und es gibt tolle restaurierte Gebäude aus der Kolonialzeit. Auf der anderen Seite ist die Stadt einfach nur ein typischer und vorallem überteuerter Touristenort, der mit 20 stöckigen Häusern bis an den Strand zu gepflastert wurde. Wenn man ein paar andere Orte in Brasilien kennt, ist Rio immer noch etwas einzigartiges, dennoch weiß man, dass man nicht unbedingt hier den Großteil seiner Zeit verbringen muss. Im Endeffekt war ich auch nur 2,5 Tage in Rio, was zu wenig für diese Stadt ist. Ich werde hier noch einmal zurückkehren, um mir dann ein besseres Bild zu machen.






Zum Schluss noch ein paar Eigenarten aus Sao Paulo. Dadurch das die Post hier sehr unzuverlässig und der Verkehr in der Stadt einfach die Hölle ist (praktisch 24h Stau am Tag), werden dringende Briefe, kleine Pakete oder ähnliches gern mit einem Kurier (Motorboys gegannt) von Ort zu Ort transportiert. Diese menschlichen Eintagsfliegen verdienen nur Geld, wenn sie ihre Fracht möglichst schnell an den Bestimmungsort bringen. Das führt dazu, dass Verkehrsregeln (die ohnehin eher als Orientierung denn als Vorschrift gelten) für sie keine Gültigkeit haben. Jede Ampel wird bei Möglichkeit bei rot überfahren, die Fußgänger (welche zu der Zeit ja grün haben), werden als menschliche Slalom-Stangen missbraucht und Tempo wird allein von der Motorleistung begrenzt- das, dass nicht immer gut geht, kann man sich denken und so sterben jeden Tag ein paar dieser Spezies und noch mehr verletzten sich bei den häufig von ihnen selbst verursachtenVerkehrunfällen. Wenn diese Motorboys gerade keine Aufträge haben, wird sich gern ein kleines Zubrot durch Handtaschendiebstahl an ahnungslosen Fußgängern hinzuverdient - es ist wirklich schlimm, zu was die Menschen durch Armut getrieben werden.

Zum Abschied noch 2 erfreuliche bzw. erstaunliche Sachen:

1. Habe ich erfahren, dass allein der Bezirk in dem ich wohne mit über 3 Millionen so viel Einwohner hat, wie meine Stadt Berlin - wenn das mal keine Heimatgefühle aufkommen lässt...

2. Habe ich meine Liste der komischen portugiesischen Wörter erweitert: auf Platz 3: mein zweiter Vorname Einiricky (Heinrich), Platz 2: Picki-nicky (Picknick) und auf Platz 1: Autschilucky (das E-Mailprogramm Outlook)

Demnächst werde ich mit 4 Freunden auf die Ilhabela ("schöne Insel") fahren. Dort gibt es Urwald, schöne Sträne und über 100 Wasserfälle - ein Bericht folgt.

Beste Grüße euer Mautschi Einiricky

Donnerstag, 22. Juli 2010

Ihla Grande, Fussball, der Brasilianer an sich...


Endlich finde ich wieder Zeit zum Schreiben (oder besser gesagt Lust). Da ich jeden Tag 8-9h vor dem Rechner sitze und Berichte, Emails, Angebote usw. schreibe, habe ich meist keine Lust mehr dies auch in meiner Freizeit zu tun.

Ihla Grande
Vorletzte Woche hatten wir einen der zahlreichen Feiertage hier in Brasilien. (Falls ein Feiertag mal auf das Wochenende fällt, wird der Feiertag einfach auf den Freitag vorgezogen oder am Montag "nachgefeiert".) Noch besser ist es (wie vorletzte Woche), wenn der Feiertag Donnerstag ist - dann gibts einfach den Freitag auch noch frei :) Eine wunderbare Arbeitsmoral hat dieses Land... So kam es, dass ich die insgesamt vier freien Tage nutzte um mit einer Freundin zur Ihla Grande (große Insel) zu fahren. Im Lonely Planet wird die Insel als Paradies bezeichnet - für Brasilianer ist es einfach nur die Gringo-Insel, da dort alle Amis, Europäer und Australier unbedingt hinwollen. Die Insel ist aber in der Tat wunderschön. Tolle Strände, viel Dschungel und kein einziges Auto, da es nur Pfade über die Insel gibt. Im Endeffekt braucht man wohl um die 3-4 Tage um einmal um die Insel zu wandern. An diesem Wochenende blieb es nur bei einem kurzen Wanderausflug zum Wohl schönsten Strand. Zurückkommen werde ich aber wohl auf jeden Fall. (Obwohl ich mittlerweile festgestellt habe, dass mich auch der unberührteste Dschungel und der beste Strand einfach nicht mehr so reizen wie noch vor 6 Monaten...) Ein weiterer Höhepunkt war das Festa da Julhia - das Pendant zum Weihnachtsmarkt in Deutschland. Hier gibt es zwar weniger Achterbahnen und Karussels, dafür aber Leckereien und Cocktails aus ganz Brasilien. Dazu wird natürlich Forro (ausgesprochen: "Forho") getanzt, neben Samba der Tanz für die Brasilianer. Sehr witzig ist auch die Namensgebung für Forro. Die Musik hat sowohl den Einheimischen als auch den vielen Immigranten gefallen und man konnte dazu super tanzen. Da die Brasilianer große Probleme mit der englischen Aussprache haben, wurde aus dem eigentlichen englischen Namen: "for all" (für alle) einfach "Forho".





Fussball
Letzten Sonntag habe ich dann die Gelegenheit genutzt und habe mir eins der 4 oder 5 Erstliga-Teams von Sao Paulo angeguckt (nicht so wie Berlin...). Corinthians (Team aus Sao Paulo) ist Tabellenerster und hat gegen den 14ten der Liga gespielt. Dies war leider eine enttäuschende Erfahrung. Das lag zum einen an dem grottenschlechten Kick, der wenn überhaupt Drittliga-Niveau hatte, zum anderen lag es an den Fans. Hier in Brasilien, wo Fussball soviel zählt, kommt im Stadion kaum richtige Stimmung auf. Es gibt kaum Fangesänge oder Fan-Koreografien und selbst nach dem Sieg gehen die Spieler nicht einmal in die Fankurve um sich zu bedanken, geschweige denn eine Stadionrunde zu drehen. Auch bei der Weltmeisterschaft hatte ich schon mitbekommen, dass wenn es gut läuft und das eigene Team 2:0 führt, dann rasten alle aus und es gibt eine große Party. Doch wenn das eigene Team zurückliegt (sogar 30 Minuten vor Ende) , dann ist alles schlecht - niemand feuert die eigene Mannschaft mehr an - man verliert den Glauben, dass man das Spiel noch drehen kann. So verliessen die Fans des Gegners schon in der 75min ihre Plätze bevor das Spiel überhaupt entschieden war. Schön war dagegen, dass ich Roberto Carlos live gesehen hab (den anderen Spielern weit überlegen, obwohl er schon gefühlte 60 Jahre alt ist) und sogar Ronaldo (ja, der richtige mit den meisten WM-Toren aller Zeiten) spielt für Corinthians - leider war er aber verletzt. Dummerweise habe ich keine Kamera dabei gehabt, weil meine brasilianischen Arbeitskollegen meinten, dass es verrückt wäre als Gringo dort hinzugehen. Im Endeffekt war es aber total harmlos und ich werde mir auf jeden Fall nochmal ein Spiel ansehen.

der Brasilianer an sich...
Nach nun fast 2,5 Monaten in Brasilien sind mir viele kulturrelle Unterschiede zwischen Brasilianern und Deutschen aufgefallen. Natürlich trifft das Folgende nicht auf alle Brasilianer zu aber meiner Erfahrung nach auf die Mehrheit. Dies ist wahrscheinlich der schwierigste Abschnitt den ich in meinem Blog bisher geschrieben habe. Denn es fallen einem am Anfang schnell viele negative Unterschiede auf, da man an andere Verhaltensweisen gewöhnt ist. Es dabei zu belassen, wäre allerdings oberflächlich und daher ziemlich ungerecht. Nach einer Weile gewöhnt man sich an diese Unterschiede und findet manche Verhaltensweisen sogar besser als die bei uns gängigen. Aber nun konkretes:

Im Allgemeinen sind Brasilianer sehr hygenische Menschen: 2-3mal Duschen am Tag ist hier der Normalfall und auch das Zähneputzen findet mindestens (!) nach jeder Mahlzeit statt (also mind. 3 mal). Lletzteres finde ich eine gute Sache und habe es daher übernommen (sieht auch komsich aus, wenn nach dem Mittagessen alle Brasilianer sich die Zähneputzen und die Deutschen bleiben "ungepflegt" zurück).

Auf der anderen Seite gibt es viele subtile Verschiedenheiten, die man wirklich erst erlernen muss. Bei Verabredungen ist selbst bei einer Zusage nicht klar, dass die Person auch wirklich erscheint. Meistens sagen die Leute bei 2-3 Verabredungen zu, weil eine Absage als unhöflich angesehen wird. Ich habe beispielsweise schon mehrfach abends allein zu Haus gesessen, da ich fest davon ausging, dass ich mich mit einem Freund an dem Abend auch wirklich treffen werde.
Auch wenn man zu etwas eingeladen wird, ist nicht wirklich klar ob es ernst gemeint ist. Hier muss man ganz genau darauf achten, welche Worte gewählt werden und wie es gesagt wird.

Früher habe ich solche kulturellen Unterschiede nie wirklich geachtet. Wenn man sich jedoch in dem fremden Land befindet und zwar die Worte des Anderen versteht, aber nicht interpretieren kann, was er wirklich sagen will, dann kommt man sich ziemlich hilflos vor. In Kanada wusste ich, dass wie in ganz Nordamerika, einfach alles etwas oberflächlicher ist und konnte mich darauf einstellen. In Brasilien gibt es größere und vielschichtigere Unterschiede. Nichtsdestotrotz lernt man nach ein paar Fehltritten jedoch wie man eine Sache angehen muss, damit es auch hier klappt.

Sehr schön finde ich mittlerweile die Höflichkeit in Brasilien. Schon allein das man am Anfang auch einen total Unbekannten nach der Begrüßung fragt wie es ihm geht, ist eine angenehme Sache. Am Anfang war es für mich die gleiche Oberflächlichkeit wie in Nordamerika, denn im Endeffekt ist man ja gar nicht am Wohlbefinden des Anderen interessiert. Dennoch schafft es eine positivere Atmosphäre und man überwindet somit eine gewisse Distanz zum Gesprächspartner. Dennoch passiert es mir relativ häufig, dass ich unhöflich bin. Darauf weisen mich meine Kollegen hin, wenn ich zum Beispiel sagen: "Kannst du das mal für mich machen?" - ein einfacher Satz den man einfach so salopp daher sagt. In Brasilien wird das als Befehl aufgefasst. Angemessen wäre: "Könntest du mir bei diesem oder jenem bitte helfen?". Und das selbst bei Kleinigkeiten...

Darüber hinaus sind die Brasilianer sehr konflikt scheu. Wenn man über eine Sache diskutiert und es sich abzeichnet, dass man nicht die gleiche Meinung hat, dann wird das Thema einfach schnell gewechselt und das Problem/Thema bleibt ungeklärt. Das ist super in einer Verhandelung, da jeder sein Gesicht wahrt aber schlecht, wenn ein Problem wirklich gelöst werden muss. Des Weiteren ist es normal, dass der Chef überschwänglich Lob verteilt. Von Kritik erfährt man nur über Dritte oder wenn man ganz genau zwischen den Zeilen liest. Selbstkritik existiert nicht - selbst bei offensichtlichen Fehlern ist es nicht üblich diese zuzugeben.

Eine andere Eigenschaft ist, dass Brasilianer unglaublich gern reden. Auch wenn sie zu einem Thema keine Ahnung haben, wird erst einmal drauf losgeredet und am Ende dann gesagt: "Ja, eigentlich weiß ich das gar nicht so genau. Frag da nochmal jemand anderen!" Auch bei den unwichtigsten Dingen (z.B. wie ein Bild im Büro aufgehängt wird) wird alles stehen und liegen gelassen und jeder muss seine Meinung ausführlich äußern. Die gute Seite an dieser Eigenschaft ist, dass Brasilianer extrem hilfsbereit und immer freundlich sind. Man hat schon Schwierigkeiten einen Brasilianer zufinden, der sich keine Zeit nimmt um bei einem Problem weiterzuhelfen.

Wahrscheinlich werden mir in den nächsten Monaten noch weitere Sachen auffallen, andere werde ich wohl revidieren müssen. Nichtsdestotrotz habe ich mich in meinem ganzen Leben vorher noch nie so deutsch gefühlt, wie in diesen Monaten...

Einen schönen Gruß in die warme Heimat!

Dienstag, 22. Juni 2010

Ubatuba, WM und Marktanalysen

Nach nun doch etwas längerer Zeit komme ich wieder zum Schreiben. Mein erster Monat Brasilien liegt nun hinter mir und ich kann ein sehr positives Fazit ziehen. Aber nun ersteinmal chronologisch:

Kurz nach dem letzten Blogeintrag vor knapp 3 Wochen bin ich dem Großstadtdschungel entflohen und nach Ubatuba gefahren. Die Stadt liegt 80km von Sao Paulo entfernt und gilt als die Surfer-Hauptstadt Brasiliens. Das Stadtgebiet erstreckt sich über mehrere dutzend Kilometer an der Küste entlang. Die vielen Strände reihen sich in kleinen Buchten aneinander, die wiederum vom Urwald umgeben sind. Ein wunderbares Kontrastprogramm zum grauen Großstadtalltag. Hier habe ich mit Freunden von der Sprachschule in einer kleinen aber sehr schönen Herberge gelebt, die sich nur wenige Meter vom Strand entfernt befand. Tagsüber verbrachten wir die Zeit am Strand und ich konnte das erste Mal Surfen ausprobieren. Im Vergleich zum Snowboarden und Wakeboarden ist es wirklich sehr viel schwieriger, aber nach einer Eingewöhnungsphase nicht minder spaßig.



Abends ging es dann zum Schlemmen. Brasilien ist mit Abstand das kulinarisch bestentwickelste Land dieser Reise! Tradition hat beispielsweise Churrassco - hier geht man in ein extra dafür ausgelegtes Restaurant und kann neben dem riesigen Buffet zwischen 20-40 verschiedenen Fleischsorten wählen. Die Kellner kommen mit einem großen Spieß an den Platz und schneiden für jeden Gast frische Portionen ab. Dazu haben sie jede Menge Information über das entsprechende Stück Fleisch parat. Sehr beliebt ist auch das Essen nach Gewicht zu berechnen. Man schlägt sich den Teller am Buffet mit allen bekannten/unbekannten Köstlichkeiten voll (frisch gegrilltes Fleisch darf natürlich nicht fehlen), am wird alles gewogen und man bezahlt nach Gewicht. Das ist für mich extrem vorteilhaft, da ich mich nicht für ein Gericht entscheiden muss. (Gruß an meine Schwester an dieser Stelle, die sich immer fürchterlich über meine Unentschlossenheit im Restaurant aufregt) In Ubatuba haben wir dann das Pizza-Rodizio ausprobiert. Das ist im Grunde Pizza-All-u-can-eat. Es werden die ganze Zeit unentwegt verschiedene Pizzen an den Platz gebracht und man kann entscheiden, ob man diese Art kosten will oder lieber auf die nächste Sorte wartet. Als Nachtisch zu den 80 unterschiedlichen Pizzen gab es: süße Pizza, d.h. Pizza mit Nutella + Banane, Pizza mit Honig + Banane und meine Liebtlingspizza: Pizza mit Schokosoße, Eis und Erdbeeren.

Nun zu meiner Arbeit: Ich mache zur Zeit ein Praktikum bei der deutschen Auslandshandelkammer und das in der Außenwirtschaftsabteilung. Bisher gefällt mir die Arbeit sehr gut. Wir erstellen u.a. Marktanalysen für deutsche Unternehmen, die in Brasilien importieren bzw. produzieren wollen. Das kann sehr interessant sein, da Firmen zum Teil Produkte importieren wollen, die es in Brasilien oder überhaupt nocht gar nicht gibt. Dementsprechend anspruchvoll ist es dann, die gewünschten Informationen zu beschaffen und einzuschätzen ob ein Markteintritt erfolgreich sein könnte. Des Weiteren gefällt mir, dass man sowohl im Team als auch größtenteils selbstständig arbeitet. Man hat beispielsweise 3-4 Wochen Zeit diesen 30seitigen Bericht in Eigenverantwortung zu erstellen, aber spricht sich während dessen auch immer mit den brasilianischen Kollegen ab, die einen Teil der Recherche übernehmen. Hierbeit ist sehr interessant, wie unterschiedlich Brasilianer und Deutsche an ein Problem gehen - man kann wirklich von verschiedenen kulturellen Arbeitsansichten reden. Auch die sprachliche Vielfalt kommt nicht zu kurz. Ich versuche so oft wie möglich in portugiesisch zu kommunizieren, bekomme meine Antworten dann in deutsch oder englisch. So verbessern die Brasilianer ihr deutsch/englisch und die Deutschen ihr portugiesisch. Hierbei tauchen manchmal witzige Sprachfehler auf. Mein brasilianischer Kollege Pedro hat heute beispielsweise festgestellt, dass die Croissants doch wieder total lecker stinken (und nicht etwa riechen). Die Stimmung ist dementsprechend gut und nach der Arbeit oder am Wochenende geht man auch gerne zusammen weg.

Besonders gut eigenen sich dazu die Spiele der deutschen bzw. brasilianischen Mannschaft. Für beide sind wir freigestellt und dürfen früher von Arbeit gehen. Ohnehin flippen die Brasilianer zur WM total aus. Jeder hat frei, wenn die Selecao spielt - es ist unglaublich. Bereits Stunden vor Anpfiff verstopfen tausende Autos die Straßen, alle wollen nach Hause und versuchen sich durch zu Hupen. Der Anteil an Personen mit brasilien Trikot oder zumindest Landesfarben liegt bei gefühlten 70%. Nicht auszudenken was passiert, wenn die Weltmeisterschaft gewonnen werden würde....


Donnerstag, 3. Juni 2010

Ein neuer Abschnitt beginnt....

In der zweiten Sprachschulwoche lief es schon erheblich besser. Nach relativ kurzer Zeit gewöhnt man sich doch an eine Sprache, wenn man andauernd in Kontakt mit ihr kommt. Ein besonderer Ausflug ereignete sich am Mittwoch. Wir besichtigten das höchste Gebäude Sao Paulos, das zu dem auch noch im Zentrum der Stadt steht. Angekommen im 42. Stock konnte ich kaum glauben, was ich sah: Ein 360° Blick und in jede Richtung nur Hochhäuser bis zum Horizont. Ich war auch in Vancouver, Seattle und San Francisco auf hohen Gebäuden und konnte auf die Skyline der Stadt gucken. Hier gab es aber kein besonderes Zentrum an dem sich alle hohen Häuser konzentrierten, sondern alles um einen herum war hoch und dicht bebaut – unglaublich.


Am letzten Tag in der Sprachschule ereignete sich dann etwas sehr eigenartiges. Meine Portugiesisch-Lehrerin, die mich sehr gut leiden konnte und ein ziemlich extrovertierter Mensch ist, begrüßte mich am Morgen aus einer Gruppe anderer Lehrer heraus mit dem erhobenen und herausgestreckten rechten Arm. Als ich sie daraufhin sehr erstaunt und gar nicht amüsiert ansah, dachte sie, ich hätte die Geste nicht verstanden und sprach auch noch die dazugehörige Grußformel. Da sich bei mir immer noch keine Heiterkeit einstellen wollte, fragte sie mich ob man das denn nicht so macht in Deutschland. Daraufhin habe ich ihr, mit meinen limitierten Portugiesisch-Fähigkeiten, erklärt, dass das in Deutschland kein normaler Mensch macht. Viel eher würde sie Probleme mit dem Gesetz bekommen, da dieser Gruß verboten ist. Ein anderer Lehrer meinte daraufhin, dass doch aber zumindest die Soldaten bei uns diese Geste noch zeigen würden...

Offensichtlich sind sich nicht mal die gebildeten Brasilianer der geschichtlichen Bedeutung bewusst, die der zweite Weltkrieg für uns als Deutsche hat. Im Allgemeinen ist das Interesse an Deutschland sehr hoch. Wenn es irgendwie um Länder in Europa geht, wird immer als erstes Deutschland genannt. Man mag hier besonders unseren Fleiß und unsere Ordnung. (Beides fehlt hier definitiv :)


Bevor ich wieder zu den schönen Sachen komme, noch eine befremdende Geschichte: Sao Paulo ist an sich eine sehr gefährliche Stadt. Von der Kriminalität ist es nicht ganz so schlimm wie Rio de Janeiro, aber dank seines Verkehrs ist Sao Paulo nicht minder gefährlich. Im Großgebiet der Stadt sterben jedes Jahr über 12.000 Menschen im Straßenverkehr (In ganz Deutschland sind es nur etwas über 5000). Einer von vielen Gründen hierfür ist ganz einfach, dass viele Leute nicht Autofahren können. Zu Wahlkampfzeiten ist es normal das Führerscheine einfach verschenkt werden. Es gibt einen TV-Sender der Live zu Verfolgungsjagden und Schießereien mit der Polizei schaltet, das Ganze wird dann aus dem Helikopter gefilmt. Ich sah auf dem Sender auch schon, dass ein betrunkener Mann noch im Polizeiauto interviewt wurde, nach dem er 1 Stunde zuvor 3 Menschen durch einen von ihm verursachten Unfall getötet hatte. So etwas ist absolut schockierend und bei uns zum Glück nicht vorstellbar!


Wie versprochen nun die erfreulichen Tatsachen: Ich habe ein Zimmer gefunden!

Besser gesagt, es ist ein kleines Appartement mit Küche und Bad. Zur Zeit ist es noch sehr sporadisch eingerichtet, aber ich werde versuchen es wohnlicher zu gestalten (Fotos folgen). Das Beste an der Bleibe ist, dass diese sich in der Nähe meines Arbeitsplatzes befindet. Ein schöner 30min Gang zur Arbeit erspart mir den vollgestopften Bus.


Auch die erste Arbeitswoche habe ich bereits hinter mir. Hier sind gerade Feiertage und daher ging die Woche für mich nur von Dienstag zu Mittwoch. Der erste Arbeitstag war schon sehr spannend, besonders im Vorfeld. Das Paket meiner Eltern, in den alle meine Hemden, der Anzug, die Schuhe usw sind, ist natürlich nicht rechtzeitig angekommen. Daher musste ich mir noch ein Hemd und Schlips kaufen, damit wenigstens oben herum alles passte. Die Kombination mit meinen grünen Mittelamerika-Treckingschuhen und einer braunen Stoffhose, war absolut einmalig und auf jeden Fall ein Hingucker im Gegensatz zum einheitlichen Büro-Alltag. Der nächste Fehler war dann, dass ich sagte, dass ich etwas portugiesisch spreche. Daraufhin wurde ausschließlich in dieser Sprache mit mir gesprochen. Denn anders als ich erwartet habe, arbeiten doch überwiegend Portugiesen in der Deutschen Auslandshandelskammer und diese können zum großen Teil kaum deutsch. So wurde ich durch die einzelnen Abteilungen geführt und fast jedem Mitarbeiter vorgestellt. Zum Glück ähnelten sich die Fragen der Kollegen und nach dem 20sten konnte ich dann auch auf portugiesisch einigermaßen antworten. In meiner Abteilung (Außenwirtschaft) arbeite ich mit 2 anderen Deutschen (24 und 30 Jahre alt) und 3 jungen brasilianischen Mitarbeitern, sowie 2 brasilianischen Vorgesetzten zusammen. Die Stimmung ist soweit ziemlich herzlich und offen. Bisher habe ich nur einen kleinen Einblick in meine Aufgaben erhalten, daher werde ich das erst im nächsten Blogeintrag etwas ausführlicher beschreiben können.


Bis dahin,


Alles Gute Mautschi

Sonntag, 23. Mai 2010

Sao Paulo - erste Eindruecke


Nach dem nun die schoene Reisezeit zu Ende gegangen ist, beginnt der suedamerikanische Ernst des Lebens - der bisher allerdings nicht minderspannend war:

Der Flug von Mexico nach Brasilien (ueber San Salvador und Peru) hatte mich maechtig geschafft, so das ich im Hostel gleich nochmal ins Bett gefallen bin. Eigentlich sollte dieser Samstag komplett der Erholung und der portugiesischen Sprache gewidmet werden, allerdings ist das im Hostel doch immer etwas schwierig. So wurde ich von ein paar Leuten ueberredet zu einem sehr populaeren Strassenfest mitzukommen, dem Virada Cultural. Ueber die ganze Stadt waren um die 70 Buehnen verteilt auf denen die Kuenstler 24h kostenlos spielten. Ich hatte mir das ungefaehr so vorgestellt, wie den Karneval der Kulturen oder die Fete de la Musique in Berlin. Im Prinzip war es auch so, allerdings 2 Stufen groesser. Allein an dem Abend waren 4 Millionen (!) Menschen auf diesem Strassenfest, solche Massen habe ich vorher wirklich nocht nicht gesehen: das ist die Love-Parade (zu besten Zeiten) + die grosse Fanmeile 2006 + Karneval der Kulturen + Fete de la Musique zusammen an einem Abend. Ich war jedenfalls heil froh, dass ich nicht viel getrunken habe vorher. Die Stimmung war ausgelassen, aber auch irgendwie unberechenbar. Die Leute waren ueberwigend zwischen 16 - 26 und ziemlich angetrunken. Auch blutueberstroemte Menschen hat man gesehen, die aus der Menge getragen wurden. Das Polizeiaufgebot war ungefaehr so gross, wie auf einer Sportfreunde Berlin 06 Veranstaltung - also nicht vorhanden. Nach ein paar Stunden bin ich dann mit meiner Gruppe sicher und schwer beeindruckt wieder zum Hostel zurueckgekehrt. Naechsten Monat findet hier eine Art Gay-Parade statt. Diese soll so viele Besucher anlocken wie der Karneval - also noch mehr als nur 4 Millionen.

Nach der Nacht im Hostel bin ich am Sonntag dann zu meiner Gastmutter gezogen. Hier lebe ich nun fuer 2 Wochen um mein Portugiesisch nicht nur in der Sprachschule anzuwenden. Es ist eine sehr nette 60 jaehrige Frau, die jeden Tag 2 mal fuer mich kocht. Ich darf nicht einmal bei irgendetwas helfen. Das Leben in diesen 2 Wochen ist so ein krasser Gegensatz zum Backpacker-Leben, dass es doch einiger Eingewoehnungszeit bedarf. Unter der Woche habe ich 4h portugiesisch Unterricht + 2h Nachmittagsexkursion in irgendein Museum (auch in Portugiesich). Meine Sprachgruppe besteht drei 24-32jaehrigen Frauen, die alle perfekt spanisch oder italienisch Sprechen. Das fuehrte dazu, dass diese von der ersten Minute an sich mit der Lehrerin fliessend auf Portu-spanisch unterhalten konnten und ich ungefaehr 1 Minute brauche um einen Satz zu bilden. (Portugiesich und Spanisch sind zu mehr als 80% die gleichen Sprachen) Wenn ich dann mal etwas richtig sage, wird mir aufmuntend auf den Ruecken geklopft. Ansonsten gehen auch gern die einen oder anderen Witze auf meine Kosten. Da nur Frauen im ungefaehr gleichen Alter in der Gruppe sind, ist das nicht weiter verwunderlich. Ich weiss nicht ob der Kurs das Optimalste zum Lernen fuer mich, aber es ist immerhin besser als eine zu langsame Gruppe. Nach einer Woche Sprachschule und ungefaehr einem Monat Vokabeln + Grammatik lernen, kann ich nun mich (mit viel Geduld des Anderen ) verstaendigen. Das Problem liegt mehr im Verstehen des Gesagten, da man im Portugiesischen nichts ausspricht, wie man es schreibt. Das beste Beispiel ist mein Name: Der Buchstabe "l" wird ausgesprochen wie "u" und "te" wird zu "tschi". Daher sagen Brasilianer wenn sie menen Namen lesen: "Mautschi". Das ist sogar noch schlimmer als die englisch Sprachigen die immer "Molti" sagen.

Parallel zum Unterricht gucke ich mich hier nach einer festen Bleibe um. Das ist allerdings nicht so einfach, da Sao Paulo sehr teuer ist. Mietpreise wie in Berlin und Getraenke- und Clubpreise wie in Muenchen. Ungeblich ist es die teuerste Stadt Lateinamerikas. Ein weiteres Problem ist der oeffentliche Nahverkehr. Es gibt zwar ein paar Metrolinien allerdings reichen die fuer 20 Millionen Menschen nicht aus. Daher ist der Nahverkehr ueberwiegend mit Bussen geregelt. Das dumme ist allerdings, dass es keine Haltestellenanzeigen oder Fahrplaene gibt. Daher muss man sich ueber dem Weg zu einem neuen Ziel genau im Internet informieren und dann dem Kassierer im Bus bescheidgeben, wo man aussteigen moechte. Alles etwas kompliziert, aber man gewoehnt sich daran...

Bis Bald, Euer Mautschi