Dienstag, 21. Dezember 2010

der Nordosten

Sao Luis
Nach der anstrengenden Amazonasfahrt nach Belem ging es von dort aus mit dem Nachtbus gleich nach Sao Luis weiter. Laut Reiseführer sollte es eine wunderschöne Kolonialstadt mit den entsprechenden alten und verzierten Bauten sein. In der Realität gibt es zwar ein historisches Zentrum, aber mit den prächtigen Häusern vieler mittelamerikanischer Städte, wie z.B. Panama City oder Antigua in Guatemala kann Sao Luis definitiv nicht mithalten. Zu dem wohnen hier die unfreundlichsten Brasilianer, denen ich je begegnet bin. Schon im Amazonas habe ich bemerkt, dass die Einheimischen nicht mehr so herzlichen und freundlich sind wie in Südbrasilien. Dennoch änderte sich dies nach einem kurzen Plausche sehr schnell. Sao Luis dagegen ist aber definitiv eine Steigerung. Kaum jemand grüßt und lächelt auf der Straße - als Ausländer wird man sehr skeptisch betrachtet und die Hilfsbereitschaft im Hostel ging gegen Null.

Dennoch verbrachten wir hier einen weiteren Tag, um zur Insel Alcantara zu fahren. Diese Insel beherbergt sowohl weitere schöne kleine Kolonialbauten als auch das modernste Satelittenprogramm Lateinamerikas. Von letzterem haben wir leider nichts mitbekommen, ersteres war in Verbindung mit der 2stündigen Katamaranfahrt ein kleines Erlebnis.

Nationalpark Lencois
Früh am nächsten Morgen fuhren wir mit einem Minivan in den Nationalpark Lencois. Hier befindet sich die einzige Wüste Brasiliens, die zur Regenzeit mit tausenden kleinen Seen überzogen ist. Dabei ist das Wasser durch die Filterung des Sandes extrem klar. Angeblich ist es auch die weißeste Wüste der Welt. Leider ist momentan Trockenzeit und so nahmen wir an einer organisierten Jeeptour zur einzig verbliebenen Wasserstelle dieser Wüste tel. Die Reise dorthin dauerte 2h im Jeep - quer durch Gestrüpp und Sand - man wurde derart durchgeschüttelt, dass die Ankunft keine Sekunde zu früh kam. Auf der anschließenden Wanderung kamen wir an vielen vertrockneten Tümpeln vorbei, die in der Regenzeit 5m tief sein sollen. Die letzte Wasserstelle hatte ungefähr die Ausmaße eines großen Hallenbades und die sich darin anbietende Erfrischung nahmen wir dankbar an. In Deutschland wäre es wohl undenkbar, dass Besucher einfach in diesem einzig verbliebenen Schutzraum baden dürften - denn hier überdauern Schildkröten, Fische und Frosche die Trockenzeit und breiten sich danach wieder auf die anderen Wasserstellen aus.


Ein weiteres Highlight war unsere Unterbringung im Ort Barrahina im Nationalpark. Da alles etwas teuerer ist in Brasilien, schlafen wir oft in der Hängematte anstatt in einem Hotelbett. Diesmal konnten wir diese in einer Bauruine aufhängen und kamen mit Frühstück auf umgerechnet 3 Euro die Nacht - wirklich die spartanischste Unterkunft bisher.

Jericuacuaera
Am nächsten Tag machten wir uns auf in das "Backbacker-Mekka" Jericuacuaera. Eine Reise über 1,5 Tage auf der wir 5(!) mal das Fahrzeug wechseln mussten: Jeep, Van, Bus, Bus, Jeep. Im Vergleich mit Mittelamerika kommt mir der Nordosten Brasiliens noch unterentwickelter vor. Hier merkt man das Brasilien zum Teil noch ein Entwicklungsland ist. Keine Busverbindung ist aufeinander abgestimmt und niemand kann einem Auskunft erteilen - zu dem erzählen die Einheimischen lieber irgendetwas als zuzugeben, dass sie selbst keine Ahnung haben! Der angekündigte 2h Bustrip, dauerte dann eben mal 4h, wobei wir auf halber Strecke einfach an einem Restaurant (wahrscheinlich das des Cousins) abgesetzt wurden und dann 1h warten mussten bis das Fahrzeug aus der anderen Richtung uns abholte. Zu allem Überfluss wurden wir noch in den Streit über die Fahrpreisaufteilung für die Fahrer verwickelt.

Dennoch war gerade der letzte Teil der Fahrt mit dem Jeep von Camocim nach
Jericuacuaera ein Highlight dieser Reise. Zuerst wurden wir mit einer kleinen Fähre von der Stadt über einen Fluss bis zum Strand übergesetzt. Dann donnerte der Jepp direkt am Strand entlang mit ca. 80 km/h entlang. Immer wieder musste der Fahrer abbremsen, wenn er das Fahrzeug zu dich an die Wellen steuerte und wir drohten steckenzubleiben. Zwischendurch ging es vorbei an abgelegenen Ortschaften, durch bizarre ausgetrockente Wälder in denen das gesamte Wurzelwerk offenlang und über hohe Sanddünen zurück an den Strand. Eine weiteren Fluss überwanden wir mit Hilfe eines Floß, welches kaum größer war als der Jepp selbst - angetrieben wurde es durch Schiffer, die mit langen Stöcken sich am Flussgrund abstießen. Nach 3h wilder Fahrt erreichten wir Jericuacuaera.



Vor vielen Jahren war "Jerry" ein kleines Fischerdorf, das sich zu einem Backpacker-Geheimtipp entwickelte. Im Laufe der Zeit kamen auch immer mehr Brasilianer um die wunderschönen Sanddünen um das Städchen zu genießen. Heutzutage gibt es kaum mehr Backpacker, da der ganzen Ort extrem überteuert ist. Aus dem lean-back Ruheort ist ein brasilianischer Ballermann geworden. Zu diesen Umständen kam noch ein wolkenverhangener fast regnerischer Himmel, der extrem selten zu dieser Jahreszeit ist. Daraufhin beschlossen wir enttäuscht nur einen Tag in Jerry zu verbringen und am darauf folgenden nach Praia da Pipa aufzubrechen.

Am letzten Abend zeigte sich der Ort allerdings noch einmal von der prächtigsten Seite. Auf einer riesigen Düne versammelten sich am Abend viele Menschen um den Sonnenuntergang zu beobachten (der Himmel war inzwischen aufgerissen). Es folgte ein wunderschönes Naturspektakel und gerade als die Sonne auf halben Wege untergegangen war, offenbarte sich auf der gegenüber liegenden Seite ein prächtiger 180° Regenbogen in allen möglichen Farben. Die Leute wusste gar nicht, auf was sie zu erst ihre Objektive richten sollten - unvergesslich!


Praia da Pipa
Von Jerry ging es über dann Fortaleza und Natal (inklusive einer Übernachtung am Busbahnhof von Natal) nach Praia da Pipa. Dieses kleine Örtchen war wie Jerry auch einmal ein Backpacker-Treff. Inzwischen dominieren auch hier wohlhabende Brasilianer und es finden sich nur wenige bezahlbare Unterkünfte bzw. Restaurants. Nichtsdestotrotz ist dieser Ort ein absolutes MUSS! Denn hier - so versprach der Reiseführer- kann man vom Strand aus mit Delfinen schwimmen.

Am ersten Tag gingen wir zur besagten Delfinbucht, wo man die Tierchen wohl häufig antreffen kann. Auf den ersten Blick war außer einer handvoll Urlauber und ein paar kleineren Booten nichts zu sehen. Ich sprang vor lauter Vorfreude natürlich gleich ins Wasser, schwamm ein paar Züge und sah erst einmal nichts außer der offenen See. Doch plötzlich hörte ich hinter mir ein Zischen, drehte mich um und sah 2-3m hinter mir einen Delfin auftauchen - er guckte kurz und verschwand wieder. 1 min später ein Zischen vor mir - eine Gruppe aus 4 Delfinen dicht beieinander. Ich versuchte hinterher zu schwimmen aber das war doch ein recht sinnloses Unterfangen. Dieses Erlebnis ist jedoch keine Besonderheit, wenn man am Strand steht und auf das Meer guckt, sieht man quasi im Minutentakt Delfine zwischen den Badenen auftauchen und wieder verschwinden!


In Praia da Pipa haben Eva und ich uns ausnahmsweise ein schönes Hostel gegönnt und hier feiern wir auch Weihnachten...

Der nächste Blogeintrag wird dann von der letzten Station meiner Reise sein: Salvador da Bahia. Bis dahin wünsche ich allen ein frohes Weihnachtsfest!

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