Am letzten Tag in der Sprachschule ereignete sich dann etwas sehr eigenartiges. Meine Portugiesisch-Lehrerin, die mich sehr gut leiden konnte und ein ziemlich extrovertierter Mensch ist, begrüßte mich am Morgen aus einer Gruppe anderer Lehrer heraus mit dem erhobenen und herausgestreckten rechten Arm. Als ich sie daraufhin sehr erstaunt und gar nicht amüsiert ansah, dachte sie, ich hätte die Geste nicht verstanden und sprach auch noch die dazugehörige Grußformel. Da sich bei mir immer noch keine Heiterkeit einstellen wollte, fragte sie mich ob man das denn nicht so macht in Deutschland. Daraufhin habe ich ihr, mit meinen limitierten Portugiesisch-Fähigkeiten, erklärt, dass das in Deutschland kein normaler Mensch macht. Viel eher würde sie Probleme mit dem Gesetz bekommen, da dieser Gruß verboten ist. Ein anderer Lehrer meinte daraufhin, dass doch aber zumindest die Soldaten bei uns diese Geste noch zeigen würden...
Offensichtlich sind sich nicht mal die gebildeten Brasilianer der geschichtlichen Bedeutung bewusst, die der zweite Weltkrieg für uns als Deutsche hat. Im Allgemeinen ist das Interesse an Deutschland sehr hoch. Wenn es irgendwie um Länder in Europa geht, wird immer als erstes Deutschland genannt. Man mag hier besonders unseren Fleiß und unsere Ordnung. (Beides fehlt hier definitiv :)
Bevor ich wieder zu den schönen Sachen komme, noch eine befremdende Geschichte: Sao Paulo ist an sich eine sehr gefährliche Stadt. Von der Kriminalität ist es nicht ganz so schlimm wie Rio de Janeiro, aber dank seines Verkehrs ist Sao Paulo nicht minder gefährlich. Im Großgebiet der Stadt sterben jedes Jahr über 12.000 Menschen im Straßenverkehr (In ganz Deutschland sind es nur etwas über 5000). Einer von vielen Gründen hierfür ist ganz einfach, dass viele Leute nicht Autofahren können. Zu Wahlkampfzeiten ist es normal das Führerscheine einfach verschenkt werden. Es gibt einen TV-Sender der Live zu Verfolgungsjagden und Schießereien mit der Polizei schaltet, das Ganze wird dann aus dem Helikopter gefilmt. Ich sah auf dem Sender auch schon, dass ein betrunkener Mann noch im Polizeiauto interviewt wurde, nach dem er 1 Stunde zuvor 3 Menschen durch einen von ihm verursachten Unfall getötet hatte. So etwas ist absolut schockierend und bei uns zum Glück nicht vorstellbar!
Wie versprochen nun die erfreulichen Tatsachen: Ich habe ein Zimmer gefunden!
Besser gesagt, es ist ein kleines Appartement mit Küche und Bad. Zur Zeit ist es noch sehr sporadisch eingerichtet, aber ich werde versuchen es wohnlicher zu gestalten (Fotos folgen). Das Beste an der Bleibe ist, dass diese sich in der Nähe meines Arbeitsplatzes befindet. Ein schöner 30min Gang zur Arbeit erspart mir den vollgestopften Bus.
Auch die erste Arbeitswoche habe ich bereits hinter mir. Hier sind gerade Feiertage und daher ging die Woche für mich nur von Dienstag zu Mittwoch. Der erste Arbeitstag war schon sehr spannend, besonders im Vorfeld. Das Paket meiner Eltern, in den alle meine Hemden, der Anzug, die Schuhe usw sind, ist natürlich nicht rechtzeitig angekommen. Daher musste ich mir noch ein Hemd und Schlips kaufen, damit wenigstens oben herum alles passte. Die Kombination mit meinen grünen Mittelamerika-Treckingschuhen und einer braunen Stoffhose, war absolut einmalig und auf jeden Fall ein Hingucker im Gegensatz zum einheitlichen Büro-Alltag. Der nächste Fehler war dann, dass ich sagte, dass ich etwas portugiesisch spreche. Daraufhin wurde ausschließlich in dieser Sprache mit mir gesprochen. Denn anders als ich erwartet habe, arbeiten doch überwiegend Portugiesen in der Deutschen Auslandshandelskammer und diese können zum großen Teil kaum deutsch. So wurde ich durch die einzelnen Abteilungen geführt und fast jedem Mitarbeiter vorgestellt. Zum Glück ähnelten sich die Fragen der Kollegen und nach dem 20sten konnte ich dann auch auf portugiesisch einigermaßen antworten. In meiner Abteilung (Außenwirtschaft) arbeite ich mit 2 anderen Deutschen (24 und 30 Jahre alt) und 3 jungen brasilianischen Mitarbeitern, sowie 2 brasilianischen Vorgesetzten zusammen. Die Stimmung ist soweit ziemlich herzlich und offen. Bisher habe ich nur einen kleinen Einblick in meine Aufgaben erhalten, daher werde ich das erst im nächsten Blogeintrag etwas ausführlicher beschreiben können.
Bis dahin,
Alles Gute Mautschi
...freudig gelesen, du arbeitstier...:o)...
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