Nicaragua
Die Zeit in Granada, die Stadt aus der ich das letzte Mail schrieb, war wirklich sehr entspannend Wir haben einen Tag an einer Lagune in einem Volkankrater verbracht: sonnenbaden, schwimmen im kristallblauen Wasser und Kajak fahren waren die Hauptaktivitäten. An sich ist die Stadt selbst, verglichen mit anderen Kolonialstädten, schön, aber nichts Besonderes. Ein bisschen angsteinflößend war ein (man sagte uns) Taxisfahrerstreik. Vermummte Jugendliche mit zum Teil selbstgebauten Waffen oder Abschussvorrichtungen liefen durch die Straßen und machten eine Menge Lärm. Die angerückte Polizeimenge (mit Shotguns und Kalaschnikows) brachte das nicht in große Unruhe, schließlich hatte sie Straßensperren in Form von einfachen Eisengeländern aufgebaut, an denen man problemlos vorbeigehen konnte - unglaublich
vertrauenserweckend.
Am nächsten Tag sind wir nach Leon aufgebrochen. Was man an dieser Stadt findet, habe ich bis heut nicht verstanden. Außer den sehr alten, aber nicht sehr schönen, Kirchen, gibt es rein gar nichts zu sehen. Einen relativ sicheren Eindruck machten die Straßen auch nicht und auch hier trafen wir wieder auf eine mehr oder minder aufgebrachte Menge, die gegen oder für etwas protestierte.
The Chicken-Bus
Daher ging es am darauffolgenden Tag nach El Salvador. Eva hatte mich zwar schon vorgewarnt, dass wir mit einem Schulbus fahren müssten, aber dass es wirklich so werden würde, konnte ich bis zuletzt nicht glauben. Vielmehr übertraf die Realität meine schlimmsten Befürchtungen bei Weitem! Wer die amerikanischen Schulbusse kennt, weiß wovon ich rede. Sie sind gebaut für Kinder bis 14 Jahren (dann fährt eh jedes Ami-Kind mit dem eigenen Auto zur Schule). Daher beschränkt sich die Beinfreiheit zwischen Sitzbank und Rückenlehne zum Vordermann auf 10cm (kein Spaß). Ich bin wirklich nicht der Größte, aber während dieser Fahrt konnte man auf jeden Zentimeter verzichten. Meine Sitzposition sah ungefähr so aus, dass ich das rechte Bein unter den Sitz vor mir schob und das linke in den Gang presste. Leider führte das dazu, dass eine dicke Einheimische halb auf meinem linken Knie saß und der andere Einheimische neben mir im Gang ständig seinen schwitzigen Arm um mich legte. Das Problem war aber nicht nur die fehlende Beinfreiheit, sondern auch das der Bus komplett überfüllt war: Menschen saßen zum Teil auf Plastikstühlen im Gang, die Ablagelächen waren total vollgestopft, von der Decke hingen irgendwelche Behältnisse (evt. für lebende Hühner?), - welche die ganze Zeit umherbaummelten und zu allem Überfluss unglaublich laute Musik. Eva hatte vorsorglich Oropax mitgenommen, selbst mit diesen war das Krächzen noch ohrenbetäubend. In Deutschland wäre damit niemand freiwillig gefahren, aber hier stören sich die Leute an so Kleinigkeiten nicht. So fanden sie es anscheinend sogar spaßig, dass wir "Gringos" mit ihnen in einem solchen Bus sitzen (Wir waren wirklich die einzigen nicht Einheimischen). (Später habe ich mich dann mit dem einzigen englischsprachigen Einheimischen unterhalten. Er fand es total witzig, dass meine Haut von der Sonne braun wird aber meine Haare "gelb".) Das ganze Martyrium dauerte dann 14 Stunden, wobei wir effektiv (ein absolutes Fremdwort hier) lediglich 8h fuhren. Die restlichen Zeit hielten wir in irgendwelchen Käffern, Grenzübergängen und an Tankstellen. Dennoch war die Fahrt ein echtes Erlebnis - man muss sowas schon mal mitgemacht haben. Jedenfalls werde ich mich nie wieder im Flugzeug über zu wenig Beinfreiheit ärgern. Auch die Natur außerhalb des Busses machte einen trostlosen Eindruck. Es ist gerade das Ende der Trockenzeit und daher wirkten sowohl Costa Rica als auch Nicaragua sehr trocken.
(Eva hat einen lesenswerten Dialog von uns auf ihrem Blog gepostet. Er gibt gut die Zustände im Bus wieder. Hier der Link: http://asdf-suedamerika-jkloe.blogspot.com)
El Salvador
Unsere Odyssee endete um 1 Uhr nachts in San Salvador, der Hauptstadt El Salvadors. Nach einer Nacht in einem schäbigen und überteuerten Hostel ging es dann am nächsten Morgen nach Juayua - einer kleinen Gemeinde im Gebirge. El Salvador sieht sehr viel grüner aus als die vorherbereisten Länder und gerade im Gebirge sind die Temperatur auch wesentlich angenehmer. Sowohl der Reiseführer als auch das Auswärtige Amt bezeichnet das Land als eines der gefährlichsten der ganzen Welt. Bisher konnte wir das nicht feststellen, rein vom Gefühl her ist es hier sicherer als in Nicaragua. Auch die Leute sind sehr freundlich- als Tourist ist man hier noch eine echte Rarität und wird fast mit offenem Mund angestarrt. Während unseres Aufenthalts feierte das Dorf ein kleines Fest und es gab viele regionale Spezialitäten (marinierten Hasen, Fisch in Lemonensoße gebraten und viele unbekannte Früchte). Nach diesem Schlemmerwochenende geht es morgen (natürlich im Chickenbus) weiter nach Guatemala - diesmal wohl nur 6h Fahrt.
Noch eine Anmerkung zu den Menschen bisher. In der Regel sind sie wirklich freundlich und offen. Dennoch sind einheimische Männer gegenüber westlichen Frauen gerade zu abartig. Besonders in Panama, Costa Rica und Nicaragua starren, pfeifen und rufen sie westlichen Frauen hinterher, dass es das Prädikat Macho schon bei Weitem übersteigt. Es macht auch keinen Unterschied ob sie ein Kind auf dem Arm tragen oder die Ehefrau genau danebensteht. Als Mann hingegen hat man es da ungemein einfacher: Einheimische Männer, an denen man auf der Straße vorbeiläuft, nennen einen Bruder oder Cousin. Frauen, gerade in abgelegeneren Gebieten, starren einen nur an, als wenn man von einem anderen Planeten kommt. Trotz dieser kulturellen Unterschiede hat man nie das Gefühl, dass jemand einem etwas schlechtes will - und das ist ja entscheidend.
Viele Grüße in die Heimat.
Wo ist denn Dein Bart hin?
AntwortenLöschenmuss zwischendurch mal ab, damit sonne ins gesicht kommt.
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